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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

allein / weil vor alters viel auf große Bäume gehalten / auch solche nicht so leichtlich niedergehauen worden / als jetzo / bevorab wir auch aus denen Americanischen Historien von dergleichen und noch grössern / hören / können wir diesem desto eher glauben beymessen. Wie wir denn von einer Art Bäume lesen / so in Nicaragua wachsen sollen / in solcher Dicke / daß kaum 15. Menschen einen umklafftern können.

Oben auf solchen Bäumen sollen die Indianer ihre Wohnungen und Häußer haben / und Cicca meldet von einem / so dreywüchsig gewesen / oder 3. Stämme gehabt / und jedweder Stamm wäre 20. Schuh in Umfang / und ist auch fast jeder Stamm von den andern nahe bey der Erden entfernet gewesen / daß in dem zwischen Raum fast ein beladener Wagen durchfahren können / der Ort-Stamm aber / wo die 3. Stämme beysammen gewesen / habe 45. Schuh in der Dicke gehabt.

Von solchen an / bis an die ersten Aeste / hatte man 80. Schuh gemessen / welche nebenst den Gipffeln und Wipffeln unsäglich groß geschienen und auf jeden Stamm hätte man absonderliche Häuser / Wohnungen und Haußhaltungen angetroffen. Damit man sich aber darüber nicht so sehr verwundere / daß man auf großen und hohen Bäumen Wohnungen aufschlage / so wollen wir aus einem gewissen Autore etwas mehrers hiervon anführen.

Biselius erzehlet / daß die Einwohner von der Landschafft Chilea, so hinter der Provinz Chili in Mittäglichen America lieget / auf den höchsten Gipffeln der Bäume ihre Wohnungen haben / die Aeste und Zweige ineinander flüchten und von allerhand Getäffelwerck und Brettern darauf ihre Hütten zurichten / auch mit ihren gantzen Familien und Hauß-Gesinde darinnen wohnen.

So verwahren sie auch Victualien und Lebens-Mittel darauf / und dienet zur Festung wieder ihre Feinde / sonderlich vor die Fluthen und Uberschwemmung des großen Welt-Meers.

Wenn eine feindliche Gewalt ankömmt und die Bäume abhauen will / so halten sie solche mit Feuer-abwerffen zurücke und schütten ihnen heiß Pech auf die Köpffe.

Die Spanier haben diese Völcker bis dato noch nicht unter ihr Joch bringen können / zumahl weil sie in morastigen Orten / und auf so hohen Bäumen wohnen / gestalt die Bäume von solcher Höhe seyn sollen / daß ein starcker Mann sie nicht mit einem Stein überwerffen[WS 1] kan.

Es soll auch ihr König Abibeiba genant / auf einen der allerhöchsten Bäume an den Einfluß des Stroms Niger seinen Pallast gehabt haben / welches eine sehr ungewöhnliche manier zuwohnen und sollen solche Gebäu so wohl und starck mit Balcken und Holtzwerck verwahret seyn / daß sie darinnen sicher wieder alle Ungestümme der Winde sich befinden.

So schreibet auch Jonston, daß es bey der Chinesischen Stadt Sungianck Bäume gebe / deren Dicke 8. Mann

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: überrwerffen
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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/426&oldid=- (Version vom 20.8.2021)