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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

die Ströme aufwerts / und mit der Ebbe oder fallenden Wasser / wenn die Austern an denen Stämmen und Zacken der Bäume bloß sitzen, pflücket und bricht man sie herunter und kömmt also in einer kurtzen Zeit mit voller Schiffs-Ladung wieder heim.

§. 10. Wenn wir aus denen fernen Indien in unser Teutsch-Land zurücke kehren / treffen wir nicht weniger auch wunderwürdige Seltzsamkeiten bey einem Nuß-Baum an / von welchem der Baron Valvasor in der Ehre des Hertzogthums Crayn lib. 4. c. 26. p. 579. also schreibet: Auf dem Kaust liegt ein Dorff gegen Senosetsch zu / eine teutsche Meile von Triest / auf Italiänisch Cornial, auf Cräynerisch aber Loque genannt / welches zwar an Görtzerischen Grund und Boden / jedoch an unsern Cräynerischen Gränzen stehet.

In diesem Dorffe wachsen viel Nuß-Bäume / die im Felde dort herum sind recht gerade nach der Reihe / und als wie nach der Schnur nach einander gesetzet / dergestalt / daß viel Zeilen neben einander stehen. Wenn einer aus diesem Dorffe gegen Triest zu gehen will / aber also fort hinter dem letztern Hause lincker Hand / nach der Zeile / da man zu dem vierten Baum kömmt / so trifft man einen sehr wunderlich gearteten Nuß-Baum an / denn derselbe wird bis Johannis-Abend gleichsam gantz dürre / indem seine bezweigte Collegen und Assistenten / die andern Nuß-Bäume nehmlich / so mit ihm auf einem Boden und an einem Orte / um und um nur etliche Schritte von einander stehen / nicht allein längst allbereit ihr Laub / sondern auch schon Frucht tragen / aber gleich in dieser einigen Nacht begrünet sich dieser bißhero kahle Baum und gewinnet zugleich Frucht ingleicher Größe / als wie die andern Bäume zuvor auch gehabt etc.

Vor wenig Jahren hat Herr Johan Herwart / Graf von Katzenstein / Lands-Haupt-Mann zu Görtz p. m. selber mir erzehlet / Er habe eben in selben Jahre / als Er mir solches hernach gesagt / den Tag vor S. Johannis allda vorbey reitend den Baum gesehen / aber ihn noch unbegrünt angetroffen und nicht glauben können / daß dieser Baum morgen schon grünen / viel weniger Frucht tragen solte / weswegen er hingegangen / und um ein Ast ein Pappier gebunden / selbiges auch mit seinem Signet verpitschiret / hernach denen dortwohnenden Bauern versprochen / daß welcher ihm morgen diesen Sigillirten Ast auf Görtz begrünt bringen würde / derselbe eines guten Trinckgelds gewärtig seyn solte; Des andern Tages gegen Mittag habe ihm ein Bauer den versiegelten Ast mit großen Blättern vollkömmlich begrünet / dazu mit einer großen Nuß bewachsen / überbracht / dessen er sich höchlich verwundert / und Uberbringern ein gutes Trinckgeld seiner Zusage nach gegeben.

Es würde zu weitläufftig fallen / anhero zusetzen / wie vorgedachter Autor die Augen-Probe selbst

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/419&oldid=- (Version vom 20.8.2021)