Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/415

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 1.

DUrch den Lauff der Natur hat die Göttliche Weißheit / so in einem Lichte wohnet / da niemand zukommen kan / sich sonderbarer Weiße uns Menschen zuerkennen gegeben / welchen zubetrachten / und des Nutzen hievon bey dem zeitlichen Leben sich zubedienen / uns für allen Dingen zustehet. Denn wenn wir die Geschöpffe ansehen / müssen wir nachgehends unumgänglich den großen Schöpffer bewundern / loben / dancken und preisen.

Denn je herrlicher und unergründlicher wir die Creaturen und Geschöpffe finden / je größer und mehr wird hoch zu halten seyn der Urheber und Schöpffer / Meister und Erhalter derselben / ja wir können unsern Verstand mit nichts mehr schärffen / als durch derer Betrachtung / zumahl wenn wir die Heil. Schrifft zugleich adhibiren.

Wir können auch in dieser Welt darinnen wir ohne dieß nur als Mieth-Leute seyn / nicht wohl fortkommen / wenn wir nicht des Lauffs der Natur in etwas kundig würden / wir müsten uns nothwendig verirren / und könten keine Profession wohl verrichten / sondern wären als wie die Kinder / die in ihrem zarten Alter nicht wissen wo Brod / Nahrung / Kleider und Unterhalt herkommen / ja wir könten ohne diesen gar nichts vernünfftiges anstellen und der argen Welt begegnen.

Hierzu kan auch in etwas dienen / wenn wir die wilden Bäumen ansehen und in genaue Betrachtung ziehen / als welche unleugbare Zeugnisse sind des allerweisesten / glorwürdigsten Schöpffers und mildesten Erhalters / da so große Wälder / und darinnen so viel millionen Stämme sich ohne Hülffe und Zuthun selber säen / pflantzen und ohne Arbeit des menschlichen Geschlechts von Göttlicher Allmacht gesäet / gepflantzet und so viel vermehret / fortbracht und wieder alle Hindernüße / Ungewitter und Beschädigung erhalten werden.

Da wir aber hingegen bishero so starck gestrebet / solchen Schatz der Natur zu ruiniren / alles Holtz ohne Unterscheid / jung und alt niedergehauen / verbrannt / den Wiederwachs mit Sensen und Sicheln verfolget / durch zahmes und wildes Vieh abgefräzet und verderbet / so folget nun GOttes Strafe drauf / daß wir nunmehr der Wälder Anbau in Schweiß unsers Angesichtes werden verrichten müssen.

§. 3. Wir wollen uns aber von dem / was bekant gnug und vor Augen / auch theils mit mehrern obangeführet ist / abwenden / in fremde und entlegene Lande begeben / alda die Wunder und Seltzsamkeiten derer Bäumen bey dieser Gelegenheit in etwas zubetrachten.

Denn es ja billich / daß wir mit großen Fleiß und nachdencklicher

Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 399. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/415&oldid=- (Version vom 20.8.2021)