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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

gefället werden mögen. Allein weil bey diesen letztern wegen des Bodens und anderer Zufälle / immer ein Stamm stärcker / Wippelreicher und länger / als an andern Orten / so seyn hierunter keine gewissen Reguln zugeben / zumahl auch viel differente Meynungen dabey sind, so / daß dieses Werck oder Sache bloß auf eines verständigen und Holtzgerechten Mannes Erörterung und ocular inspection ankommen muß.

Dann man kan ohngefehr judiciren / wie viel ein Stamm an Scheidt-Holtz und an Reißig geben möchte / wornach auch das Kauff-pretium zusetzen; welcher Baum aber zu Breter / Schindeln / Pfosten / Spänen / Körben und dergleichen / auch zu Bau-Holtz dienet / kan um ein ergiebiges höher taxiret und genutzet werden / als das Brenn- und Kohl-Holtz.

§. 3. Das Holtz-fällen geschiehet so wohl im Frühling / als im Herbst / beydes in Unter- und Ober-Holtze und zwar was das erste anbelanget / ehe es aufthauet / und der Frost aus der Erden kömmt und ehe andere Arbeit in Felde / Wiesen und Gärten angehet / auch ehe der Safft ins Holtz tritt.

Hiernechst so will von allen Holtzverständigen dafür gehalten werden / daß das Holtzfällen um die Zeit sehr schädlich / wenn der Safft nur in Baum getreten / da er wie Wasser drinnen stecket / hin und wieder unter der Schale und in Holtz verborgen ist.

Da aber derselbe etwas starck / dicke / und harzig worden / und dadurch der Schweffel sich contentiret / so giebt es besser Kohl- Brenn- und Bau-Holtz.

Zu Herbst-Zeit pfleget man das Holtz zu schlagen / wenn das Laub gefallen und der Safft in den Bäumen dicke worden / oder theils sich in die Wurtzel wiedergezogen. Denn alle vegetabilia arbeiten mit der Sonne / und ruhen mit dem Monden / ja nach Veränderung der Jahrs-Zeiten richten sich alle Gewächse / daß sich alsdenn derer Kräffte vermehren / oder vermindern.

§. 4. Insonderheit soll der Holtzschlag bey dem lebendigen / oder solchen Holtz / das wieder ausschlagen soll / in zunehmenden oder vollen Monden geschehen.

Denn was in abnehmenden Monden gehauen wird / da faulen die Stöcke und die daran hangenden Wurtzeln gerne; hingegen das lebendige oder Schlag-Holtz / so in neuen Monden gefället wird / schläget in viel Reiser wieder aus / und wenn der Stock nicht sehr gut / kan er sie nicht alle wohl treiben / daher müssen deren etliche verdorren.

Was aber in vollen Monden / oder bald darauf gefället wird / gibt nicht so viel Reiser / Sprossen oder Sommer-Latten / und dahero bekommt der Stock zwar ein weniges an Reisern / inzwischen aber starckes Holtz / welches man also hierzu Lande observiret / und lieber in vollen als in neuen Monden das Holtz zu schlagen pfleget.

Ferner so hauet man das Bau-Holtz in Jenner / um die Zeit / da kein Mond am Himmel ist / und

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 375. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/391&oldid=- (Version vom 20.8.2021)