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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

und Boden annehmen, welches dann unbegreiffliche Dinge sind / die sich bey den vegetabilibus in grosser Menge an Tag legen / wie denn sonderlich miraculös zu seyn scheinet / daß in den blossen und unansehnlichen Erdreich / so ein wundernswürdiger ernehrender Lebens-Geist und Archaeus häuffig zu finden / so die meiste Geschöpff erhält.

Gewiß die darinnen enthaltene Nahrungs-Krafft ist so unendlich / als unbegreifflich / bevorab die Wärme / oder das elementarische Feuer.

Dann alles Feuer / so wir sehen / nennen wir zwar ein Element, aber es ist nur ein Elementum materiale, welches mit Flamme / Hitze und Rauch / gleich mit einem Kleid / oder Mantel umgeben: das Wesen des elementarischen Feuers aber stecket verborgen innwendig drinnen / welches Wärme durch das Licht und Glantz / und durch die eingenaturte und angebohrne Hitze sich zeiget / und dahero so wohl in allen irdischen / als himmlischen Cörpern zu finden ist.

Daß aber das Holtz / und andere hellbrennende Feuer kein Element sey / ist daraus zu schliessen / und abzusehen / weil daßelbe alle Cörper verbrennet / und destruiret / da hingegen das elementarische Feuer / alle Geschöpffe ernehret / und selbigen Wachßthum giebet / auch von Göttlicher Almacht / zu dessen Erhaltung / und nicht zum Untergang / oder dererselben Verderben erschaffen.

§. 4. Es ist überdieß nicht eins von denen wenigsten / daß die Natur und das Erdreich sich dergestalt verbunden / daß kein Geschlecht der vegetabilien / und sonderlich etzlicher Bäume und Stauden untergehen / sich gar verliehren / oder auf einigerley Weise ausgerottet werden kan.

Denn wann man sie verbrennet / so kommen sie aus der Asche wieder herfür / revivisciren auch wieder aus ihrer eigenen putrefaction; und wenn sie vom Vieh, an Laub / Sprossen / und Aestlein gefressen werden / so wachsen sie wieder aus dem Mist.

Es wird aber hier nur von Laub-Holtz geredet / dann was das Hartz- oder Tangel-Holtz anbelanget / so entstehet solches bloß von seinem Saamen.

§. 5. Hiernechst so ist des Menschen Verstand zu hoch und unbegreifflich / wie die Natur in dergleichen Dingen agiret / unserer Curiosität alhier die Gräntzen setzet / ja alles Nachdencken, und Einbildungen dergestalt verwirret / daß wir leicht begreiffen können / wie unser kleines Licht dahin nicht reichet / sondern GOtt uns zeigen will / daß es für uns gnug sey / solche unbegreiffliche Dinge anzuschauen / und seine Allmacht dabey zu admiriren. Diesen ist billig anzufügen / wie und warum die sämtlichen Geschlechter derer Bäume in der Sündfluth / da das Wasser 150. Tage über der Erden gestanden / nicht alle oder meist verschwemmet / ersäuffet / ersticket / und ruiniret worden / oder ob die durchs Wasser verderbte

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/38&oldid=- (Version vom 17.1.2018)