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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Und solchen vielfältigen Nutzen des Wald-Holtzes / durch unser gantzes Leben fasset kürtzlich zusammen der hoch-beredte Kirchen-Lehrer Chrysostomus To 3. V. 2. in Psalm. 148. col. 543. l. 2. Montes & infrugiferae Arbores, quamnam putas utilitatem afferunt? Multam certe &c quae nostram vitam valde continent; Nam & ad aedificia montes & colles & ligna infructifera sunt nobis valde apta, & nisi ea nobis suppeterent, nihil vetaret quo minus genus nostrum interiret.

Quemadmodum ergo cultis agris opus habemus ad hoc ut alamur; ita etiam lignis infrugiferis & lapidibus egemus ad hoc, ut donos aedificemus, & alia innummerabilia ex iis componamus. D. i. Was meynestu wohl daß uns die Berge und wilden Bäume vor Nutzen bringen? Gewiß einen grossen welcher zu der Erhaltung unsers Lebens viel beyträget. Denn es sind dieselben zu Erbauung unserer Wohnungen sehr bequem / und wenn wir solche nicht hätten / so müste das menschliche Geschlecht bey nahe verderben.

Gleichwie also das Feld uns zu ernehren von nöthen / also bedürffen wir auch der wilden Bäume und Steine zu Erbauung unserer Häußer und anderer Nothdurfft.

§. 3. Der GOttes-Dienst selber gebrauchet sich des Holtzes / maßen nebst andern Zubehörungen in der alten und erstern Kirchen, da wenig äußerlicher Pracht und Ansehen / aber mehr Andacht und Gottes-Furcht vorgeleuchtet / man sich höltzerner Kelche bedienet / wie aus dieser allusion, so dem H. Bonifacio, als der alten Teutschen Apostel / zugeschrieben wird / erscheinet / welcher daß im Anfange der Christlichen Kirchen / Güldene Priester / und höltzerne Kelche gewesen / zu sagen gepflogen. Ja man kan des Höltzern Geräthes / weder in Kirchen / noch in Häusern / bey vornehmen / noch geringen Leuten entbehren / sondern man hat der Tische / Stühle / Bäncke / Schräncke / Kasten und Betten höchst nöthig.

Es berichten die Reisenden zwar / daß in Persien und in andern orientalischen Ländern es wenig Holtz gebe; deßwegen auch die Einwohner daselbst / wenig Hauß-Rath davon haben / und wie bekannt / auf der Erden sitzen / wie sie denn auch den Wein in thänernen und nicht in höltzernen Gefäßen halten; desgleichen essen sie daselbst und in den andern orientalischen Ländern / des Tages nur einmahl gekochte oder gebratene Speißen / eintzig und allein wegen des Holtz-Mangels.

§. 4. Dann sollen die Speißen behörig zugerichtet werden / es sey durch sieden / kochen und braten / so gehöret Holtz dazu; und ließet man / daß in denen Wüsten Arabiens / es wohl viel Hasen / Reb-Hüner / und ander Wildpret gebe / so aber niemand achtete / weil es an Holtz / solche zur Speiße zuzurichten gebreche.

Die Tartern machen zwar das Fleisch durchs Reuten gar / und legen es unter derer Pferde Sättel; desgleichen brauchen die Niederländer

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/374&oldid=- (Version vom 20.8.2021)