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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

es scheinet wohl einerley zu seyn / und daß der Boden / worauf sie stehen / den Unterscheid verursache.

Denn befindet sie sich auf einem trucknen Lande / so träget sie etwas weißliches Laub / stehet sie aber auf einem feuchten / so hat sie dunckelgrünes / fettes / kleberichtes Laub / und ein rothes Holtz / daher diese die schwartze / jene aber die weise Erle genennet wird.

Sie wächset gerne an sumpfigten und morastigen Orten / und kan man theils Gegenden nicht dahin oder nahe dabey kommen / als zu sehr dürren / und frostigen Zeiten; Am allerliebsten aber wächset sie an Flüßen / Bächen / Teichen und Seen / allwo sie die Wurtzel ins Wasser wirfft / und am Stamm hoch / ja am stärckesten wächset; hingegen aber an trucknen Orten kömmt sie wohl auch fort / aber sie treibet keinen sonderlichen Stamm.

§. 34. Sonst giebt sie ein sonderbar gut Schlag-Holtz / so man fast in 4. 5. bis sechs Jahren abholtzen kan / nachdem der Boden gut und feucht ist / und wenn sie abgetrieben / so in zunehmenden Monden zu rechter Jahres-Zeit / entweder in Herbst / wenn das Laub gefallen / oder in Früh-Jahr / da die Knospen wollen anfangen sich zu vergrößern / geschehen soll / so wächset und schläget sie am Stamm in viel Sommerlatten aus / und vermehret sich bey allen Hauungen.

Es wächset auch gute Weide und Graß bey ihr / denn die Wurtzel hebet den morastigen Boden in die Höhe / und machet ihn etwas trucken und tragbar.

In den Niederlanden wird sehr nach ihrer Fortpflantzung getrachtet / weil sie leichtlich aufzubringen / und hernach großen Nutzen schaffet / wie aus nechst folgenden zuersehen.

Denn wenn die Erlen an den Gestaden / Ufern und Rändern der Flüße / Teiche und Seen gepflantzet werden / oder von selbst von ihren dahin angespülten Saamen wachsen / so verwehren sie denen großen Wassern / daß sie nicht so leicht in die Ufer reissen können / und helffen also viel wieder den Schwall der Wellen / und strenglauffenden Ströhme / welche an den Dämmen und Gestaden waschen und die Ufer wegspülen.

Unter denen Wurtzeln halten sich auch die Fische und Krebße gerne auf; Man muß aber solche Erlen bald zu Schlag-Holtz machen / denn wenn man die Stämme allzu groß und starck wachsen lässet / so kan der Wind solche wohl fassen / und weil der Rand an Wasser meist hohl / so sencket / beuget / oder neiget sich der Stamm / gegen das Wasser / bekommt also das Ubergewicht / und bricht mit der Wurtzel und Ufer zugleich um / nimmt viel Erdreich mit sich / und geschicht also zum öfftern großer Schaden an Dämmen und Ufern / denn das Wasser bekommt hinter denen ausgerissenen Wurtzeln lockere Erde / und reisset je mehr und mehr von Ufer weg / welches denn zu repariren manchmahl große Unkosten erfordert.

Wenn aber

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/348&oldid=- (Version vom 20.8.2021)