Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/326

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Wurtzel hin und wieder Schößlinge oder Ausläuffer und breitet sich weit umher aus / hindert auch nicht wen deren gleich viel beysammen stehen.

Es ist ihm ferner aller Boden und Erdreich anständig / außer / wo es gar zu naß / und weil er wohl einwurtzelt, widerstehet er dem Sturm-Winde mehr als andere Bäume / wächset hoch / und gewinnet viel Aeste muß aber bey der Zeit / wenn die Früchte reiffen / in acht genommen werden / daß ihn diejenigen so selbige samlen / nicht alzu sehr beschädigen.

An etlichen Orten laßen sie die Früchte ganz treuge oder dürre auf den Bäumen werden / schütteln sie hernach ab / und samlen solche ein / die denn auch ziemlich delicat seynd.

Unter den Stein-Obst wächset / dieser Baum am höchsten und stärckesten.

Sonst leidet er nicht viel hauens schneidens / oder andere Beschädigung / stößet aber die untersten und schädlichsten Aeste selbst von sich.

Wo er beschädiget oder verwundet wird / da kommt ein Hartz herfür.

Gar zu fetter und gedüngeter Boden ist ihm nicht anständig / sondern er verdirbet in solchen und verlieret die Schale.

Weil die Vogel auch sehr gerne die Kirschen freßen so werden sie offt dabey gefangen / indem sie auf solche sehr verleckert sind.

Es kommt dieser Baum meist von seiner Brut fort / und schläget an Wurtzeln hin und wieder aus / brauchet also keiner Wartung.

Von Kernen aber kan er in großer Menge gezeuget und gesäet werden.

In Summa er ist ein gar sonderlich nützlicher Baum / und sehr leicht fortzubringen / daher zuverwundern / daß er nicht mit größerer Sorgfalt gepflantzet wird.

Die Bauern geben zwar diese raison, daß die Frucht meist gestohlen wird / so aber nicht sufficent, auch in civilisirten Ländern nicht statt hat.

§. 6. Will man dem Kirsch-Baum / weil er noch jung / den Gipffel abschneiden so wächset er in die Breite / und traget viel Früchte / ist denn auch nicht so hoch darnach zu steigen.

Im übrigen so schicket er sich wie gedacht nicht allein zu Ober / sondern auch zu Schlag- und Unter-Holtz / weil er / wenn er abgehauen / an der Wurtzel und Stock wieder ausschläget.

Es giebt auch selbiger gut Zimmer-Holtz / dienet zu Brettern / Feuer und Kohlen / sonderlich können musicalische Instrumenta darvon beßer / als aus andern Holtz gemachet werden. Cornelis Kirsch-Baum giebt ein gut hart Holtz / so hart und fest als ein Stein.

§. 7. Die runden Pfläumlein sollen auch billig in die Wälder oder in das Schlag-Holtz mit gerechnet und gepflantzet werden / denn sie vertragen Schatten und Kälte / wachsen als ein Busch / und auch als ein Baum / schlagen wieder aus / wenn sie abgehauen werden / tragen gute Früchte vor Wildpret und Flügelwerck / die Kirschen und Pflaumen-Kern kan man auch säen und an den

Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/326&oldid=- (Version vom 20.8.2021)