Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/321

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 38. Den Nuß-Baum setzen wir auch zu dieser Classe, und zwar darum weil solcher an vielen Orten / sonderlich an Rheinstrohm in großer Menge / und gleichsam auch wild wächset / daß gantze Gegenden damit besetzet sind / auch aller Orten / wo etwas guter Boden / und Holtz-Erde verhanden / aufzubringen ist / nicht weniger / daß er wie ander lebendig Holtz / wenn er abgehauen / an der Wurtzel oder an Stamm und Stock wieder ausschläget.

Er wird Lateinisch genennet Juglans non quasi Jovis glans, sed quod jugulet glandes, auf teutsch / Eichelmörder / weil der Nußbaum den Eichen-Baum um und neben sich nicht leidet / sondern verderbet und umbringet.

Denn zwischen diesen beyden (wie schon oben bey der Eiche gedacht und von vielen Physicis statuiret worden) wird daher eine natürliche Feindschafft vermercket / weil die Eiche bey und neben den Nuß-Baum verdorret / und wenn ein Nuß-Baum in die Stäte oder Grube / da zuvor eine Eiche gestanden / gepflantzet wird / so kommt er nicht auf / sondern verdirbt / ingleichen kömmt die Eiche / wo ein Nuß-Baum gestanden nicht fort.

§. 39. Dieser Baum ist so wohl seiner Frucht als Holtzes wegen sehr nutzbar / dahero zu bedauern / daß er mit so gar wenigen Fleiß in hiesigen Landen nicht fortbracht und gemehret wird. Es ist zwar wohl an dem / daß die rauhe Lufft ihm nicht anständig / und er daher also leichtlich Winters-Zeit erfrieret; allein es giebt doch die Erfahrung / daß am meisten Orten (außer in Ertz-Gebürge) des Meißner-Landes solcher mit großen Nutzen gepflantzet / und zu einem Wachsthum gleich einer Eiche gebracht wird / und weil er mittelmäßige Lufft erfordert / so muß man solchen an den wärmesten Orten in Garten / Weinbergen / warmen Gründen / Thälern und Feldern / oder wo es sich leiden will / setzen / und Winters-Zeit die Wurtzel vor großer Näße bey den Frösten mit etwas Geströte Pferde-Mist oder Laub decken / damit selbige zu der Wurtzel nicht so leicht gelangen können.

Fället aber so eine starcke Kälte ein / daß die Aeste erfrieren / oder der Baum will sonsten wandelbar werden / so muß man das erstorbene abhauen / als denn schläget er aufs neue wieder aus / wiewohl auch immer eine Art von Nuß-Bäumen mehr Kälte und Frost verträgt / als die andere.

Derohalben man nach Gelegenheit des Ortes / nachdem der Boden kalt oder warm ist / sich richten soll / daß sie in der Baum-Schule an die kältesten Oerter flugs anfangs gesetzet / und zur kälte gewehnet / nicht aber gar erfröret werden.

Denn wenn sie aus einer warmen Baum-Schule an kalte Orte versetzet werden / bekleiben sie selten / sondern erfrieren bey dem ersten kalten Winter.

Weil auch wie gedacht / die Nüße unterschiedlicher Arten und etliche kleine / auch sehr harte Schalen haben / daß man den Kern nicht wohl daraus gewinnen

Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/321&oldid=- (Version vom 20.8.2021)