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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Ah quoties teneras resonant mea verba sub umbras,
Scribitur & vestris Cynthia corticibus.

D. i. Ihr Buchen und Fichten / ihr sollet Zeugen seyn / wenn anders die Bäume wissen was lieben ist.

Ach wie offt hab ich unter euern Schatten nach meiner Cynthia geseuffzet / wie offt hab ich ihren Nahmen in euere Rinden geschrieben.

§. 29. Das Buchene Holtz sticht der Wurm leicht an / wenns aber 14. Tage ins Wasser geleget / hernach getreuget und gebehet wird / so wird es dauerhafft. Zum Bau-Holtz dienet es demnach nicht sonderlich / weil es zumahl wenn es bald naß / bald trucken ist / gar leicht anbrüchig wird / muß also in Bauen entweder stets in der Trockene oder Nässe seyn.

Hingegen ist es zu allerhand Geräth und Handwergs-Zeuge bequem / doch muß es wie gedacht zuvor gebehet / und geräuchert werden / so springet es nicht auf / dahero schicket es sich wohl zu Schüppen und Schauffeln / zu Schrauben / Rädern / Achsen / Felgen etc.

Das Roth- und Weiß-Büchene giebt auch schöne Schlitten-Kuffen / wenn nehmlich diejenigen Stämme / so hierzu tüchtig / mit ihren Wurtzeln / die sie flach hin und wieder werffen / aus und umgraben / und also der Stamm gefället wird.

Sonderlich ist das Hayn-Buchene Holtz sehr zeh / derowegen es die Handwergs-Leute zu dergleichen Arbeit / so nicht springen oder brechen soll / sehr wohl und füglich nehmen können, bevorab von denjenigen Stämmen / so in freyer Lufft und Sonne / und nicht in dicken Wäldern oder zwischen vielen Bäumen gestanden / denn dieses wächset wohl starck und prächtig / bekömmt auch ins gemein einen schönen Schafft; hingegen aber ist das Holtz / wenn es zu Geräthe und andern Sachen verbraucht wird / nicht dauerhafft / sondern zerspringet und zerbricht gar leichtlich / wie Glaß.

Grosse starcke Buchen / wie auch ander Büchen-Holtz lässet sich mit grossen Nutzen in das Wasser verbauen / und dauert für andern Holtz sehr lange darinnen / es muß aber / so bald als es gefället / und noch ganz grün und in Safft ist / verbauet werden. Denn wenn es dürre / lässet sichs hierzu nicht brauchen / und hält sich gar nicht / maßen / wie schon gedacht / selbiges in Wetter und in der Lufft / wie auch in der Erden / ob es gleich ein hartes Holtz ist / dennoch keinen Bestand hat / sondern gleich verdirbet / faulet und Wurmstichtig wird.

Es dienet auch sonderlich zum Schiff-Bau / wie aus den Claudiano L. 3. de raptu Proserpinae erscheinet:

Vecturus longinqua per aequora merces,
Molitur tellure ratem, fagos metitur & alnos,
Et varium rudibus sylvis accommodat usum.

D. i. Wer seine Wahren über die See führen will / der bauet zu Lande

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/316&oldid=- (Version vom 20.8.2021)