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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Eine läst das Laub bald fallen / die andere behält es / biß gegen dem Frühling / da es gantz gelb und dürre ist / und nicht eher fället / biß es die neuen Knospen fort und abtreiben.

Merckwürdig ist / was CLUSIUS der berühmte Botanicus schreibet: daß er in Engelland in dem Königlichen Garten zu West-Münster Eichen gesehen / die zwar Eicheln getragen / daran wären aber rundliche Blätter / und manche nicht viel grösser als des Buchs-Baums gewesen; aber wir wollen hier mehrentheils von der bekandten und gemeinen Art handeln.

§. 8. Die Eichen wachsen wohl und am geschlachtesten in leimichten und lettichten Boden / der mit etwas groben Kieß vermenget und wo oben her ein Strich gute schwartze Holtz oder Wald-Erde ist.

Sie wächset zwar / gegen andern Holtz zu rechnen / sehr sparsam / und langsam her, allein / wenn die Art des Bodens gut / und sie sonsten wohl gepflantzet wird / so kan sie in 40. oder 50. Jahren so weit als sonst in 100. und zu einen mäßigen Bau-Stamm / eine Elle und mehr in Diametro bracht werden.

Sie wächset sonst von Saamen-Eicheln / oder da sie etwa von der ausgelauffenen Wurtzel auf- und ausschläget / am geradesten und besten.

Wo sie aber von einem abgehauenen Stock ausschläget / so wird sie gemeiniglich unten hohl / wächset krumm und höckericht.

Wenn man junge Eichlinge verpflantzen will / sollen solche zum wenigsten 4. biß 5. Jahr seyn.

Wer nun solche / wie auch ander Laub-Holtz zu Stämmen ziehet / muß sie beym Versetzen nicht köppen / oder viel ausschneideln / sondern nur diejenigen wegnehmen / so dürre und anbrüchig sind: Was aber zu Mast- und Feuer-Holtz soll / da kan man die Wippel wohl aushauen / daß es sich besser ausbreite / wobey dieses zumercken / daß die jenige Art von Eichen / die sich so weit in Aesten ausbreiten / fast noch einmahl so viel Raum haben muß und mehr verdemmet / als die / so gerade in die Höhe / und zu einen guten Schafft wachsen.

Jene brauchen einen Platz von 25. bis 30. oder 40. Schuh / ja wohl so viel Ellen; diese aber behelffen sich mit 25. Schuhen: wo nun zugleich Unter-Holtz dabey aufkommen soll / muß ihnen weniger Raum überlaßen werden.

§. 9. Es ist hiernechst auch zubeobachten / daß die Eiche ein großer Feind des Grases und Getreydes ist / so weit solche mit ihren Schatten und Wurtzeln reichet.

Derowegen sie an solche Orte zupflantzen / wo sie nicht sonderlichen Schaden thun kan / sonsten manche Eiche in 2. oder 3. und mehr Jahren / wenn sie in die Feld-Früchte demmen kan / mehr Schaden zuthun pfleget / als sie an sich selbsten werth ist.

Es setzet sonst dieser Baum seine Wurtzeln sehr tief in die Erde / und befestiget sich also wieder das Ungewitter

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/304&oldid=- (Version vom 20.8.2021)