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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

sich hangen / da jene etwas gerader stehen.

Diese Zapffen sind anfänglich / wenn sie herfür wachsen schön roth / daher sie von etlichen / wiewohl irrig / Blüthen genennet werden / hernach überkommen sie nach und nach eine grüne Farbe / bis sie endlich bey ihrem Reiffthum braun-gelblicht werden.

Wenn sie also recht reiff / so kan man die Aeste / daran sie hangen / abhauen auch die Zapffen desto füglicher samlen / und reiffet hernach der Saamen auch vollends desto besser dran.

Insgemein lassen sie selbigen in Früh-Jahr des folgenden Jahrs / darinne sie gewachsen fallen / und weil er viel Hartz und olität bey sich führet / so hält er sich lange ehe er aufgehet / es sey denn daß eine ziemliche Feuchtigkeit und Wärme darzwischen komme / denn es ist selbiger mit einem starcken riechenden Oele gleichsam angefüllet und eines scharffen Geschmacks / auch der gantze Zapffen / wenn er frisch von Baum kommt / voller Hartz und gibt einen ziemlich anmuthigen Geruch.

§. 23. Wenn die Schale oder Rinde unten an Stamm so hoch ein Mann reichen kan / von oben niederwerts 2. Finger breit streifweise an 4. 5. bis 6. Orten herunter und abgezogen wird / so nennet man solches das Hartz-Reißen / und dieses kan in 3. 4. Jahren wiederhohlet / und der Baum aufs neue gerissen werden; Es fliesset auff solch Reißen das Hartz häuffig heraus / und am Stamm herunter / woraus hernach das Pech gesotten wird / welches denn zu vielen Dingen nützlich, beydes auf dem Lande als aufn Schiffen. Wiewohl wenn der Schade, so den Fichten mit solchen Reißen wiederfähret / (indem weder Junge noch Alte geschonet werden / ja mancher großer Stamm endlich wohl 20. bis 30. Risse bekommt) recht betrachtet wird / ist er weit größer als der Nutzen / so man von Pech ziehet / darauf man aber wenig reflectiret / weil der Verlust erst künfftig gespühret wird / da die Bäume nach und nach ihren Wachsthum verlieren / die Pech-Nutzung aber de praesenti ist / und also desto eher ins Gesichte fället.

Daß auch die Ameißen aus dem Hartz ihre Myrrhen praepariren / ist hiesiger Landen bekant / und wird solcher in großen Ameißen-Hauffen gefunden / den sie an gewißen Orten aufhalten und verbergen.

So dienet auch dieß Hartz denen wilden Schweinen zum Harnisch als welches sie in ihre Borsten und Haare dergestalt einreiben / sich damit bepichen und feste machen / daß kein Hund durch die Haut greiffen / auch keine Waffen / Gewehr / Schwein-Eisen oder Hirsch-Fänger fast durchdringen kan / es sey denn sehr steiff / spitzig und starck.

§. 24. Die Fichte wächset gerne an Gebürgen auch in kalten Orten und Boden / dahero auch Virgilius L. 2. Georg. sie nebst dem Tox-Baum und Epheu / als Zeichen eines kalten Erdreichs angiebet / wenn er schreibet:

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/295&oldid=- (Version vom 20.8.2021)