Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/293

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

wächset auch wohl in freyen Felde.

Wir wollen uns derohalben zu unserm Pinastro oder bekanten Kiefer wiederum wenden. Dieser Baum hat theils einen krummen und gedreheten / mehrentheils aber geraden Stamm / deßen Rinde unten her aschenfarbig / rauch und voller Riße / oberhalb aber schuppicht und röthlicht ist; die Zweige sind mehrentheils gebogen / und zerbrechlich / die Tangeln spitzig / und länger / ja noch einmahl so lang / als an den Tannen und Fichten / und stehen deren allezeit 2. beysammen. Die Zapffen sind rundlicht / kleiner und kürtzer / als die an der Tanne und Fichte / hangen an einem kurtzen Stiel / so entweder gerade oder etwas krum ist / an welchem sie so feste sind / daß wenn schon neue herfür kommen / die alten und jährigen noch an den Zweigen stehen / davon der Saame insgemein für Winters / und bey warmen Herbst-Tagen ausfleugt / aber lang in der Erde lieget / ehe er aufgehet / dann er will Lufft und Raum / wegen derer dabey stehenden Bäume haben.

Die Stadt Augspurg führet in ihren Wappen einen solchen Zapffen von Kiefern / weil dieser Baum in selbiger Gegend und in gantz Rhetia sehr gemein / davon der gelehrte M. VELSER. Lib. 4. Rer. Augustan. zu lesen.

§. 20. Das Holtz hat einen guten Geruch und dauert wohl im Wasser / derowegen es auch sehr zu Wasser-Röhren gebrauchet wird / welche / wenn sie mit Erde zugescharret werden / wohl 30. Jahr dauern können.

Wie denn auch die allgemeine opinion, daß solches hierzu das beste sey; alleine man muß dieß mit Unterscheid verstehen.

Denn es befindet sich / daß das gantz fette oder sehr hartzige / zumahl wo das Wasser steigen / und die Röhre einen grosen Druck haben oder Zwang ausstehen soll / leichtlich wie Glaß zerspringet.

Dann weil das Holtz / wegen des vielen Hartzes / so zwischen den Jahren stecket / nicht auffquillet und dieselben nicht zusammen halten mag / kan es der Wind / so in Röhren ist / leicht zersprengen / zerschleißen / und aus den Jahren von einander treiben; hingegen so ziehet das magere Kieferne und Fichten-Holtz Wasser an sich / wird dahero gantz dichte / läßet keinen Wind durch / und folglich berstet es nicht so leichtlich / als das fette / wie man solches in gewisser Probe hat.

Die Bretter und andere Sachen / so aus Kiefern gemachet werden / sonderlich / wenn sie wohl hartzig sind / werden denen von Tannen und Fichten gemachten vorgezogen / so wohl wegen angenehmen Geruchs / als der Dauerhafftigkeit. Aus denen Klötzern und Aesten werden die besten Wein-Pfähle bereitet / aus denen Knochen und Aesten / ingleichen von den Wurtzeln wird Kühn-Oel / so man an statt des Terpentins brauchet / und das Theer gemachet / und zu solchen Ende das Holtz in einen kleinen

Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/293&oldid=- (Version vom 20.8.2021)