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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

zarten Hartzes / fast wie ein Terpentin, finden lässet / und zu allerhand Gebrechen nützlich ist.

Kiefern und hernach alte tännene Bretter / sind zum Wasser-Rädern und dergleichen am besten / denn solche springen / wenn sie eine zeitlang stille / und in der Sonne und Lufft stehen / nicht auf / gleichwie die Fichtenen.

Die Tanne / ob sie gleich / sonderlich an Wipfel und an der Rinde wandelbar wird / so heilet sie doch solches aus / oder bleibet zum wenigsten noch lange Zeit grün / und in ihrem Wachsthum; hingegen die Fichten / so bald dieselben etlicher maßen an Wippeln / Aesten / Stämmen / oder Rinden einen Mangel bekommen / können sie sich nicht wieder erhohlen / sondern verderben in kurtzer Zeit. Alle 3. Gattungen aber kommen mit einander überein / daß sie 100. und mehr Jahr in die Dicke / auch wohl so lange in die Höhe wachsen; it. daß sie von Saamen besser fortkommen als durchs Versetzen / wie sie denn auch / wenn sie einmahl abgehauen oder gefället / weder am Stock noch an der Wurtzel wieder ausschlagen.

Ihr Holtz ist zum Zucker sieden sehr dienlich / weil sich der Zucker an keines lieber anhänget und anschießet / als an dieses / weswegen auch die Sieder solches zu Gefäßen und Stecklein brauchen.

Sonsten will man dafür halten / wenn die wenige Wurtzeln / so die Fichte und Kiefer haben / sonderlich von der großen Sonnen-Hitze allzu hartzig werden / daß der Baum verderbe / oder abstehe / weil der nöthige Safft durch die allzu fette und hartzige Wurtzel nicht durchdringen und dem Baume zu gute kommen kan / daß er also wie ein fett Thier in seinem Hartze oder Fette ersticken muß.

Das Tännene und Fichtene Holtz / wenn es zu rechter Zeit in Abnehmen des Mondes / ehe der Safft wieder hinein tritt / und zwar in Jovialischen Zeichen gehauen wird / so sticht es der Wurm nicht an / und so es trucken lieget / wird es dauerhafft und ohne Fäulniß befunden.

§. 12. Es ist aber das Tangel-Holtz in unsern Landen nicht einerley Geschlechtes.

Denn etliches ist weich / etliches hart. Unter das weiche wird gezehlet: (1.) die Tanne / (2.) die Fichte / (3.) die Kiefer; unter das harte aber wird gerechnet: (1.) der Lerchen-Baum (2.) der Taxbaum / (3.) der Eibenbaum und (4.) der Wacholder / von deren jeglichen wir anitzo insonderheit handeln wollen.

§. 13. Die Tanne wird auf Latheinisch Abies genennet: bey den Franzosen heißet sie Avet oder Sapin, welches Wort von denen Lateinern genommen / als welche den untern Theil dieses Baums / oder den geraden in gleicher Dicke in die Höhe bis an die Aeste aufsteigenden Stamm / Sapinus; das Ober-Theil aber Fusterna benahmet / wie bey dem PLINIO Lib. 16. c. 33. und / VITRUVIO.

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/289&oldid=- (Version vom 20.8.2021)