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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Hartz / als der beste Safft / tritt zu dem Schnitt / dahero der Baum entweder verderben muß / oder er erlanget doch keinen Wachsthum: hingegen die untersten Aeste mit Behutsamkeit abzuschneiden / dienet / daß solcher Baum desto besser in die Höhe wachse; In übrigen aber darf man sie nicht tief mit der Wurtzel setzen / und muß allenfalls im Anfange einen Stein auf die Wurtzel legen / damit der Wind und Schnee das Stämmlein nicht umwerffe / biß es etwas eingewurtzelt / hernach kan man solchen wieder wegnehmen. Wiewohl es ingesammt beßer ist / wenn diese Bäume auf der ersten Stelle bleiben / welches ebenfalls in vorhergehenden Theil mit mehrern dargethan worden.

§. 10. So viel nun den Boden betrifft welchen dieses unser Tangel-Holtz liebet / so wachsen solche Bäume auf Bergen / in Thälern / zwischen Felßen und Steinen.

Jedoch wo es zu naß und morastig / da verbutten sie / und kommen nicht in die Höhe / werden mosig / und verderben endlich gar.

Im Sande hat die Fichte und Tanne keine sonderliche Art / aber wohl die Kiefer. Die letztere wächset auch sonsten gerne beysammen / und im Fall sie nach Art des Bodens / 5. 6. oder 8. Schuch von einander stehen / so ist es gnug / und wachsen desto lieber.

Bey und neben den Fichten / Tannen und Kiefern / wächset auch alles andere Holtz / als Eichen / Buchen / Ahorn / Bircken etc. Die Tanne und Fichte / wie auch die Kiefer und Fichte stehen gern bey und um einander / aber gar selten die Tanne und Kiefer.

§. 11. Wie aber eine Art dieses Holtzes von einander unterschieden sey / ist leicht zu erkennen.

Denn ob sie gleich in gewißen Stücken einerley Beschaffenheit haben, so sind sie in andern gar different.

Die Fichte hänget ihre Aeste / wie auch die kleinen Zweiglein und Aestlein so daran sind, niederwerts; die Tanne und Kiefern hingegen treiben dieselbigen etwas gerader und stärcker von sich aus; die Fichte hat auch eine rothe und braune / die Tanne eine weißlichte / und die Kiefer eine gelbe und röthlichte Rinde oder Schale. Die Fichte träget ohngefehr in 15. bis 20. Jahren schon Saamen / ingleichen die Kiefer; aber die Tanne will 20. bis 30. und mehr Jahr-Zeit dazu haben / jedoch / nachdem der Boden ist / darauf sie gewachsen / weil einer mehr als der andere Kräffte und Nahrung giebet.

Stehen sie aber gar zu dicke beysammen / bringen sie nicht gern / oder doch wenig Saamen hervor / doch wenn sie sich etwas ausbreiten / und Aeste werffen können / so tragen sie dessen eher und in größerer Menge. Die Kiefer giebet das Theer / und die Fichte das Pech / aber die Tanne giebt wenig / und ist fast gar nicht zu dergleichen zu gebrauchen / hingegen unter der Rinde hat sie kleine Blattern / darinnen sich eine schöne und wohlriechende Art eines

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/288&oldid=- (Version vom 20.8.2021)