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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Bäumen / daß sie besser treiben und einen guten Schafft erlangen mögen / denn sonsten gehet der Safft in unnöthige Aeste und Räuber und der Stamm gelanget zu keinem rechtschaffenen Wachsthum; wenn man aber bey Zeiten einen Baum mit ausputzen und ausschneideln wohl pfleget / kan man solchen ziehen / wie man will.

Die Bäume / so zu Bau-Holtze / Brettern und andern dergleichen Bedürffnüssen aufwachsen sollen / müssen auch dergestalt gepfleget werden / daß man keine Schösserlinge oder Räuber / so aus der Wurtzel oder sonsten unten an Stamm oder an Aesten hin und wieder ausschlagen / gehen oder stehen lasse / sondern solche bey Zeiten abschneide und wegräume / und den Baum also fein gerade in die Höhe ziehe / damit er nicht verbutte / sondern einen guten Schafft erlange.

§. 8. Wie aber solche Schäffte aufzubringen / daß sie einen guten Bau-Stamm / ingleichen gute tüchtige reine Klötzer / so nicht ästig / abgeben mögen / ist eine nothwendige Frage.

Denn wenn sie gnug beschnitten / und ausgeästet werden / so bekommen sie zwar einen guten Wuchs in die Höhe / allein von dem Ast / welcher abgeschnitten / bleibet doch der Rest innwendig in Stamm / und wenn der Baum zu Bretter und andern Bedürffniß geschnitten oder gebraucht werden soll / so findet sich solcher Ast in Holtz / giebt dem Brete einen Mackel / lässet sich nicht wohl hobeln / oder springet der Ast gar aus und macht ein Loch / ja es geschiehet auch öffters daß der Stamm an diesem Ort hohl[WS 1] wird und gar verdirbet.

Wenn aber die jungen Stämmlein anfänglich dick in einander stehen / so lässet der Stamm keine Aeste von sich / sondern wächset flugs von Anfang gerade in die Höhe / und ob gleich etwas Aeste an demselbigen seyn / so verdorren sie / fallen abe / und die Wunde heilet sich aus / daß man nichts daran / weder von innen noch von aussen gewahr wird / hingegen so bald sie grossen Raum haben / und keine andere in der Nähe stehen / so werffen sie allenthalben starcke Aeste aus und verdirbet der gerade Schafft gemeiniglich. Wenn aber die jungen Stämmlein wo sie dicke beyeinander stehen / und allbereits einen feinen geraden / glatten feinen Schafft erlanget haben, so kan man alsdenn die andern jungen Stämmlein so ihm zu nahe stehen / ausheben oder abhauen / ja sie verdorren wohl selber / weil sie nicht alle Nahrung haben können / fallen um / verfaulen / und machen also den Boden besser; Und wenn ein junges Stämmlein / so eine Hopf-Stange abgeben könte / einen Schafft von 5. biß 6. Ellen hat / so wirds der Schafft ehe er 30. und 40. Ellen hoch wird / weit über die / Helffte und wohl 15. biß 20. und mehr Ellen hoch biß an die Aeste aufwachsen.

Denn es soll von rechtswegen ein Schafft zu 20. biß 30. Ellen seyn / ehe die völligen Aeste anfangen / daß er etzliche

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: hol
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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/276&oldid=- (Version vom 20.8.2021)