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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

abfallenden kleinen Aestlein und Rinde also fort die Erde auch wieder gedünget und brauchet keiner weitern Besserung / welches Göttliche Allmacht also geordnet / daß das Erdreich in Wäldern nicht ausgebauet werden kan / gleichwie in Getreyde-Feldern wenn solche in wenig Jahren nicht gedünget werden / das Gegentheil geschicht / und sie so mager werden / daß selbe keine Frucht mehr tragen mögen.

§. 4. Aber auf das Ausputzen / oder Ausschneideln der jungen[WS 1] Bäume / zu kommen geschiehet solches nur anfänglich in ersten Jahren und zwar 1. oder 2. Jahr nach einander / daß man ihnen die übrigen untersten Aeste benimmt / auch wohl den Wipfel / wegschneidet / nachdem man solche entweder hoch oder dicke zuziehen gedencket / hernach wenn sie älter werden / so nimmt man die dürre / welcke und wandelbare / ingleichen die überleye Aeste oder die so dem Baum eine deformität geben könten / auch sonsten schädlich sind hinweg.

Dergleichen Ausputzen oder Ausschneideln ist sehr nützlich und hilfft zu bessern Wachsthum eines Baums um ein groses.

Qui cum judicio putat Arborem, efficit, ut quod arbor sponte noluit facere, justitia violenti cogatur, ut id agat sagt P. DE CRESCENTIIS. d. i. Wer einen Baum mit Verstand ausschneidelt und ausbutzet / bringet ihn dahin daß er gezwungen thut / was er von freyen Stücken nicht thun will.

Dieses aber wird nur von den Bäumen / so Laub tragen gesaget / denn die Tangel-Bäume leiden kein Beschneiden oder andere Wartung / sondern es ist ihnen dieses alles schädlich / und der sicherste Weg / man läßet sie ungestöret wachsen / und so einer keinen Wachsthum erlanget / oder sonst kleine oder knorricht wachsen will / so haue man solche ab / und mache den andern Raum.

Jedoch kan man ihnen etzliche schädliche Aeste / wenn der Stamm nicht in die Höhe will / von unten hinauf benehmen / sonderlich der Tannen welches / wie man befunden / den Stamm zum Wachsthum sehr befördert dann es ist gewiß / wenn ein Stamm in die Höhe wachsen und gerade werden soll / so muß er von den untern übrigen / sonderlich dicken Aesten da der Safft meisthin ziehen will entladen werden / und es also vertragen und[WS 2] überwinden.

Aber außer diesen ist wie gedacht / insgemein bey dem wilden Holtze das Ausschneideln / Ausputzen und Behauen von keinen sonderlichen Nutzen / es sey denn / daß es mit großer Fürsichtigkeit und zu rechter Zeit beschehe / indem man leicht mehr Schaden thun / als Nutzen schaffen kan / wenn man die Bäume mit Hauen beschädiget / die Rinde verletzet / und bis frische Holtz kommt / da der Safft / Hartz / Gummi / hernach ausdringet / auch Krebs / Brand und dergleichen darauf erfolget.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: iungen
  2. Vorlage: uud
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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/274&oldid=- (Version vom 20.8.2021)