Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/251

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

der Weiden alle; Jedoch wächset die Erle und Weide auch auf trucknen Lande / und sind diese beeden so zu reden amphibisch / aber sie erlangen keinen solchen Wachsthum / als wenn die Wurtzel das Wasser erreichen kan.

Hingegen wachsen die andern Bäume gerne alle in trucknen Boden / oder solchen / der zwischen trucknen und feuchten temperiret ist.

Bäume an Orte zu pflantzen / wo ihnen die Erde widrig / als diejenigen / so gerne trocken stehen / an nasse Orte / und die so nassen Boden lieben / an truckne Orte versetzen / werden wider ihre Natur da solche nicht fortzubringen / und die Arbeit und Unkosten vergebens seyn.

Gleiche Beschaffenheit hat es mit denenjenigen / so die Thäler oder Flächen / und denen andern / so die Höhen und die Berge lieben.

Wenn der Grund etwas kiesigt (wie denn wohl gar etliche Kieselsteine unter der Erde an die Wurtzel legen) so lüfftet und erfrischet er das Holtz / hält die Erde lucker / daß die feuchte Lufft und Wasser ehe dazu dringen könne / die Wurtzeln aber machen in steinigten und felsigten Boden / auch wohl in starcken Mauren sich selbsten den Weg / schlingen sich um die Steine herum / und wo es ein wenig klufftig / dringen sie mit den anhangenden kleinen Fäserlein und Zäserlein hinein / klemmen sich so feste an / daß sie nicht zubewegen / und suchen also ihre Nahrung und Safft / ja sie treiben / indem sie sich ergrössern und zunehmen / die hartesten Felsen und Mauren von einander und lüfften solche auf / biß sie auf den Grund hinein kommen.

Man setzet auch nicht gerne einen Baum an den Ort / wo vorhin ein anderer verdorben / es sey denn daß man die Erde ausgegraben oder mit anderer vermenget.

Wenn nun alles bey des Baumes Versetzen wohl concurriret / daß er in guter Erde zu rechter Zeit gesetzet wird / gute Wurtzel hat / an nöthigen Feuchtigkeiten kein Mangel / auch Lufft und Sonne dabey wohl würcken kan / und was dergleichen nothwendige Umstände noch mehr seyn / so ist an desselben Aufkommen nicht zuzweiffeln; wo aber dergleichen Stücke eines oder mehr mangeln / kan der Baum auch leicht verderben.


Das Siebenzehende Capitel.
Von Fortpflantzung frembder und ausländischer
Gewächse und Bäume in hiesigen Landen / auch von
unterschiedenen Arten frembder Bäume.

§. 1. 2. Ob es eine unnöthige und fürwitzige Sache sey frembde Bäume in andern Ländern fortzupflantzen.

§. 3. Erweiß daß dergleichen zu praestiren / und die aus einen wärmern climate kommende[WS 1] Bäume zu einen kältern zu gewohnen möglich sey.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: kommmende
Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/251&oldid=- (Version vom 21.8.2021)