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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 2. Gleichwie sie nun hierinnen wohl berichtet zu seyn vermeynten / daß nehmlich es der Göttlichen Majestät verkleinerlich wäre / diese in enge Mauren eines Tempels einzuschließen; so erachteten sie / es wäre deroselben viel anständiger / wenn grosse Wälder dazu geweyhet würden als worinnen der Gottesdienst gehalten / und die Opffer nebst andern Ceremonien verrichtet würden. Denn also schreibet oben ermelter TACITUS de Moribus Germ. Nec cohibere parietibus Deos, neque in ullam humani oris speciem assimilare ex magnitudine coelestium arbitrantur. Lucos ac nemora consecrant, Deorumque nominibus appellant secretum illud, quod sola reverentia vident. D. i. Die Teutschen halten darvor / man könne die Götter ihrer Majestät und Grösse halber weder in Mauern einschliessen, noch unter einer menschlichen Gestalt vorstellig machen; Dannenhero pflegen sie Häyne und Wälder vor ihren Gottesdienst zu wiedmen und ein gewiß Geheimniß / so sie doch nur mit den Augen[WS 1] ihres Verstands sehen / mit den Nahmen ihrer Götter zu belegen. Von denen alten Sachsen schreibet M. ADAMUS BREMENSIS: Frondosis Arboribus, fontibusque venerationem adhibebant: Daß sie nemlich grünen Bäumen und Brunnen ihre Andacht wiedmeten. Solche Wälder wurden dermaßen geheget / daß niemand einen Zweig / viel weniger einen Baum abhauen durffte / aus Furcht / die darinnen wohnende Gottheit zu beleidigen / dahero diese Wälder sehr finster und düster worden / daß einem / zu solchen sich nahenden / nicht unbillich ein Grausen ankommen.

§. 3. Ob nun wohl also der gantze Wald einer gewissen Gottheit gewiedmet war / so wurde doch gemeinlich in der Mitte desselben / ein besonderer geheimer Ort / als ein Tempel / so rings herum verzäunet / hierzu bestimmet in welchem vor andern große starcke und alte Eichen waren / wie solches aus HELMOLDI Chron. Slaviae. lib. I. c 84. auch aus dem CHRISTOPH. Hartknock in seinen Dissertationibus De Rebus Prussicis, Diss. 6. n. 2. p. m. seqq. vornemlich aber / aus CLUVERI German. Antiqua lib. I. c. 34. weiter ausgeführet werden könte / wann es vonnöthen wäre.

§. 4. Von einem dergleichen geheiligten Walde bey Massilia oder Marseille in Franckreich / schreibet Lucanus Pharsal. I. 3. p. 9.

Lucus erat longo nunquam violatus ab aevo
Obscurum cingens connexis aëra ramis,
Et gelidas alte summotis solibus umbras.

Von einem andern noch berühmtern geheiligten Tempel-Wald / so über

die maßen lustig gewesen / und bey der wohlbekandten Stadt Antiochia

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Augeu
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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/25&oldid=- (Version vom 17.1.2018)