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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

einziehen möchte / jedoch mit der Behutsamkeit / daß man die Schale / und Knospen an denen Rüthlein nicht verletze / damit sie eher Würtzelgen und Zäsergen werffen / und also des Stamms Wurtzel desto mehr Nahrung zu führen mögen.

§. 28. Wenn man mit Sprößlingen / so an der Wurtzel ausschlagen die Baum-Zucht fortsetzen will / so kan man solche mit guter Erde anhauffeln / wodurch sie Wurtzeln zum Versetzen bekommen; so man sie aber ablöset / ist fleißig nachzusehen / daß etwas von der Mutter-Wurtzel dran bleibe.

Denn wenn solche Schößlinge nicht gute Wurtzeln haben / bekommen sie nicht / oder erlangen doch keinen rechten Wachsthum.

§. 29. Wenn man nun gepflantzete Bäume / sonderlich da dürre Wetter einfällt / mäßig wäßern kan / so bekleiben sie desto leichtlicher / es muß aber das Wasser gut seyn und düngen / worzu das jenige / so in Teichen und Pfützen stehet / besser dienet / als das frische Quell-Wasser.

Im übrigen aber ist das Düngen darbey nicht nöthig / wenn anders der Rasen nur wohl zerklopffet und zerschlagen wird.

§. 30. Das offtmahlige Fortsetzen der jungen Bäume halten viel sehr dienlich / sonderlich wegen der künfftigen Früchte / wie denn solches bey den Obst-Bäumen guten effect hat / zumahl wenn es allezeit in bessern Boden geschicht; alleine bey dem Wald-Holtze scheinet das öfftere Umsetzen theils sehr kostbar / theils auch sehr schädlich zu seyn / indem es ohne Verletzung der Wurtzel und des Stammes nicht leicht abgehet / auch viel Zeit verlohren wird / ehe ein solcher Stamm einwurtzelt und sich erholet / wie wir in frembden Gärten ersehen / auch in der Tuillerie zu Pariß an denen daselbst gepflantzeten Tannen wahr zunehmen / daß sie nimmermehr den Wuchs erlangen / so sie in Wäldern haben / allermassen es auch der Augenschein gibt an den Cedern / so wir in unsern Gärten pflantzen / welche bey guter Pflegung gar schlecht wachsen hingegen in andern Ländern von Saamen auf denen höchsten und kalten Gebürgen zu einer wunderswürdigen Höhe und Größe gedeyen.

§. 31. Wenn die Tangeln bey einen versetzten Fichtlein oder Tännlein etwas abfallen / so ist es ein Zeichen / daß es bekleibet; wenn aber dieselben welck werden / so hat man ein Merckmahl / daß das Bäumlein verderden werde / indem der Safft / an statt / daß er in die Wurtzel sich begeben solte / in die Höhe und in den Gipfel gestiegen.

§. 32. Gleich wie aber beym Versetzen viele Mühe und Besorgniß / also ist insgemein die Baum-Zucht / oder Vermehrung des wilden Holtzes besser durch das Säen als durch jenes fortzubringen / indem kein Baum / so versetzt wird in 5. biß 6. Jahren sich

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/249&oldid=- (Version vom 21.8.2021)