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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Kern oder Mehl hat / so muß man beym Einsamlen nach dergleichen trachten / oder da solcher nicht durchgehends gut / und geringer darunter / kan man desto dicker säen / oder gar einen guten Jahres-Gang mit dem Saamen erwarten / da durch gute Witterung derselbe recht reiff und vollkommen werde / damit man sich also nicht vergebliche Kosten und Hoffnung zum Anflug mache.

§. 14. Von der ordentlichen Zeit und Art der Einsamlung aber jeglichen Baum-Saamens insonderheit zuhandeln / wollen wir anietzo von dem immergrünenden Tangel-Holtz / als nehmlich der Tannen / Fichten und Kieffern den Anfang machen / weil dasselbe in diesem Gebürge am meisten anzutreffen / solches die übrigen mit ihrer Höhe übersteiget / auch ihres vielfältigen Nutzens halber vor andern sich recommendiret.

Es wollen zwar unterschiedene Hauß-Wirthe / jedoch ausser Noth / und ohne gnugsame Experienz zweiffeln / und meynen / daß es mit Säung des Tangel-Holtz-Saamens nicht glücklich abgehen dürffte; alleine / sie haben entweder den Handgriff in Sammlung oder Säung des Saamens nicht gewust / oder sonsten einen wider die Natur begangenen Fehler dabey ausgeübet.

Wenn nun die Tannen und Fichten über Winters die jährigen Sommer-Sprossen an Aesten abwerffen / davon das Wildpreth auf dem Schnee seine Nahrung hat / so ist es eine Anzeigung / daß künfftiges Jahr die Spitzen / wovon die Sprossen abgefallen / dagegen Zapffen tragen werden, welche denn alsofort in Frühling fast in Gestalt einer Erd-Beer hervor kommen.

Sie sind von lieblichen Geruch / schöner violet und grüner Farbe / sehr anmuthig anzusehen / werden nach und nach immer grösser und grösser / ändern die Farbe / wie sie denn von Zeiten zu Zeiten grüner / hernach dunckelgrün / letzlich braun und gilblicht sich zeigen. In solchen Zapffen ist der Saame verborgen / und jede und alle Körnlein besonders mit Liedern eingeschlossen / daß ein eintziger solcher Zapffen / sonderlich an Fichten 100. und mehr Saamen-Körnlein in sich hat / und unter einem Liede oder Schuppen ein / auch zuweilen zwey Körnlein stecken / und die Bäume / bevorab die Fichte und Kiefer etliche Schock Zapffen herfür bringen / welche am Ende der Aeste / und des Reisigs oder der Zweige / so an den Aesten hangen / zu wachsen pflegen.

Diese Zapffen tragen nicht eher als einmahl in Jahre Saamen / hernach stöst die[WS 1] Natur solche von den Aesten ab / daß sie fallen und dürre werden / springen auch wohl von der grösten Kälte des Winters herunter.

Zu Zeiten geschicht es wohl / daß wenn sie abfallen / sie den völligen / oder doch nur theils Saamen noch in sich haben / weil wegen später Reiffung / oder ermangelnder bequemen Witterung selbiger zuvor nicht ausfallen / oder ausfliegen können.

Die Fichte hat die längsten Zapffen / welche unten gantz

Anmerkungen (Wikisource)

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/161&oldid=- (Version vom 21.8.2021)