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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

wird / daß der Saame nur aufgehet / so ist es schon halb gewonnen / gestalt die Pflantzen selbst hernach sich aufziehen / und wo sie zu dicke stehen / eine die andere vertreibet / und also in rechter Menge und distanz ein Stämmlein neben den andern gar glücklich einher / und aufwächset.

Unterdessen will doch vonnöthen seyn / daß man der würckenden Natur zustatten komme / und die Hindernisse so den Anflug im Wege liegen / auf die Seite schaffe. Diese nun sind sonderlich das Mooß / lange Graß und dergleichen, welches denn alles weg zu räumen / damit der Saamen auf die Erde fallen möge. Dahero nun ist leicht zu judiciren warum an etlichen Orten / wo das Vieh alle Tage gehet / oder gehütet wird / und Saamen-Bäume in der Nähe sind / man schleunigen Wiederwachs spühret? denn das Vieh hält den Boden glat / und frisset das Graß und Mooß drauff weg / als welches hindert / daß der Saamen das Erdreich nicht ergreiffen und aufgehen kan / wie man an andern Orten / wo dasselbe nicht gehet / gewahr wird / gestalt daselbst der Saame die Erde nicht erreichen mag, sondern auf solchen Geräusche liegen bleibet / und verdirbet.

So bald man aber den Anflug des Saamens von Bäumen / und dem Anflug des jungen Holtzes hierauf spühret[WS 1] / ist höchstnöthig / daß man das Vieh-Hüten / daselbst einstelle.

Desgleichen so ist die beste Zeit und sicherste Gelegenheit zum Anflug hieraus zu schliessen / nehmlich / so bald die Gehaue von Holtz und Reißig geräumet / dann um diese Zeit ist noch kein Graß / Kräuter oder viel Mooß auf dem Erd-Boden daselbst verhanden / und kan der Saame alsofort die blosse Erde berühren und glücklich aufgehen.

Da aber die Erde beraßet / Kräuter und Stauden-Werck aufschiesset / welches in wenig Jahren hernach geschiehet / so kan der Saame die Erde nicht fassen / und verziehet sich der Anflug auf viel Jahre hinaus / oder kömmt doch sehr einzeln herfür.

§. 8. So viel die Reiffung des Saamens betrifft / so ist nicht so gar leicht zutreffen / daß man denselben nicht zu frühe / oder zu späte einsammle / abbreche / abschüttele / abreisse oder abpflücke / derohalben muß man auf die Zeit und Zeichen des Reiffthums und folgends der Einsamlung des Saamens genaue Achtung geben.

Allermassen leicht zuermessen / wie viel die rechte Einsamlungs Zeit derer Saamen importire.

Denn wenn solche nicht recht getroffen wird / da der Saamen in seiner Vollkommenheit / so kan er auch bey dem Säen nicht sattsame Kräffte haben / aufzugehen / und hernach einen vollkommenen Stamm zutreiben.

Ist er aber nicht gäntzlich reiff / und gehet auf, so fället das Stämmlein jedennoch wieder um / weil ihm die Krafft ermangelt.

§. 9. Ein jeder wilder Baum Saamen hat sein gewiß Zeichen des erlangten Reiffthums / als welchen er auf dem Stamme selbst

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: fpühret
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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/158&oldid=- (Version vom 21.8.2021)