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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

müssen.

Daß aber dergleichen grosse Stämme zu Saamen-Bäumen gelassen und stehen bleiben / geschicht meist darum / weil die Holtz-Hauer einen Vortheil dabey suchen / und sich nicht gern an selbige machen / indem sie ein sehr altes und ausgewachsenes festes Holtz haben / so schier mit keiner Axt noch Säge zugewinnen / daher lassen sie solche stehen, unter den Vorwand / sie gäben gute Saamen-Bäume.

Es ist auch gewiß / daß unter denen alten ausgewachsenen und bestandenen Tannen-Bäumen unterschiedene gefunden werden / deren Holtz so fest ist / daß fast keine Säge noch Axt daran hafften will / sondern wenn man darein hauet / es fast wie Glaß springet / weswegen die Holtz-Hauer ein Gerüst auf 4. 6. 8. oder mehr Ellen hoch machen an welchen sie den Baum hinauf steigen können. Denn je höher sie kommen / je mehr lässet der Baum von der untersten Härte und Festigkeit nach / welches denn auch die Ursache ist / daß sie jederzeit einen Stock von 4. 6. 8. oder mehr Ellen hoch ohne Nutz / und nur zum verfaulen stehen lassen / wie solches oben mit mehrern angeführet worden.

Hingegen geben die jungen traublichten Tannen / Kiefern und Fichten von 10. 12. 15. 20. oder mehr Ellen hoch / die besten Saamen-Bäume / sonderlich die Fichten / und weil sie jung und nicht hoch / so kan sie der Wind nicht fassen und umstürtzen: so bewurtzeln sie auch nach und nach mehr und leichter / als die grossen und überständigen und widerstehen also mehr denen Winden.

Hiernechst so bringen sie / wenn ein gutes Jahr ist / viel und mehr Saamen / als die gar alten Bäume, wachsen auch von Jahren zu Jahren grösser / und werden also je mehr und mehr tüchtiger zum Saamen tragen.

§. 4. Das obberührte ist aber meist von Tangel-Holtz-Saamen-Bäumen geredet / dann was die Saamen-Bäume von Laub-Holtz anbetrifft / so scheinet es wohl am besten und nützlichsten zu seyn / daß man ziemlich ausgewachsene Stämme darzu aussondere / und stehen lasse / so sich mit Aesten weit ausgebreitet / und folglich viel Saamen tragen können / als die Eichen und Buchen: weil aber dieser Saame ziemlich schwer / so kan wenig Anflug von sich selbsten davon in der Ferne gehoffet werden / indem er nur in der Nähe um den Baum herum liegen bleibet / aber selbigen einzusamlen und zum Säen / oder zum Verkauff zugebrauchen / werden solche Saamen-Bäume sehr nützlich seyn.

Wo aber Ober- und Unter-Holtz gebräuchlich ist / da gibt es dergleichen Saamen- und Mast-Bäume desto mehr.

Die Ahorn / Häyn-Buche / Ilme / Rüster / Asche / Bircke etc. haben etwas leichtern / und theils geflügelten Saamen / weil er aber etwas schwehrer / als der Tangel-Holtz-Saamen ist / so kan er vom Winde nicht so weit ausgebreitet werden / es sey dann / daß die Bäume an einem Berge oder Gehänge stehen.

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/154&oldid=- (Version vom 14.2.2021)