Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/152

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 1.

DAß die wilden Bäume und Wälder / auf zweyerley Weise fortgebracht werden / nehmlich[WS 1] durch die Natur selbsten und allein / und denn durch die Kunst und Arbeit mit Säen und Pflantzen / wird über das ob- und mehr gedachte Anführen / keines grössern Beweises bedürffen / weil es sonsten notorisch. Dieses Werckes Absehen aber ist vornehmlich nicht auf die erste, sondern die andere Art / nehmlich die Fortpflantzung des Holtzes gerichtet / so durch Hand-Anleg- und Bemühung des Menschen selbsten geschicht. Hierbey nun ist wohl zu erwegen, quod in natura nihil est incertum, oder / daß gleichwie in der Natur nichts ungewiß und ohne Ursache geschehe / also haben wir bereits in vorhergehenden Capitel aus der Menge des wilden Baum-Saamens dargethan / wie es GOTT haben wolle / daß wir solchen Saamen nicht umsonst seyn lassen / sondern selbsten säen / Bäume daraus ziehen / und dieß Werck der Natur nicht ganz allein übergeben sollen.

Nun ist man zwar freylich geständig / daß diese hierinne wohl dem Vorzug hat / so viel die Herfürbringung des Saamens in der Menge betrifft / alleine der Mensch kan solchen Saamen der Erde besser vertrauen / und beybringen / als jene / dann von den ausgefallenen Saamen derer Saamen Bäumen die Vermehrung des Holtzes zwar geschicht / aber am sichersten ists / wenn der Saame von dem Menschen gnüglich in die Erde bracht wird / welcher als denn schnell aufwächset / und wenn ja die Bäumlein zu dicke in einander stehen / so verdemmet schon eines das andere / und machet ihnen selbst Raum und Lufft; dergleichen Bäume bekommen meist einen geraden Schafft / lassen die übrigen Aeste selbst fallen / und heilen die Wunde auch von sich selbsten aus / daß es also hier weniger Arbeit brauchet; von einem Saam-Baum aber flieget nach und nach / jedoch langsam wohl etwas Holtz an / und ist wohl besser / wo mans haben kan / als wenn es mit grossen Kosten und vieler Zeit durch Pflantzen der jungen Stämmgen erst verrichtet werden solte.

Ja es ist fast unmöglich / solche grosse Gegenden zu bepflantzen / die Stämmlein an Pfähle anzubinden / zu wässern und was dergleichen mehr erfordert wird.

Wollen derhalben ehe wir von dem Saamen und dessen Ausstreuen weiter handeln / etwas von den Saamen-Bäumen / und zwar nachfolgends anführen.

§. 2. Es soll billig / wo ein Holtz-Hau beleget ist / oder beleget werden soll / fleißige Obsicht darauf geschehen / daß gewisse Saamen-Bäume

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: nehmllch
Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/152&oldid=- (Version vom 14.2.2021)