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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

wenig Sorten von Saamen sind / und dennoch muß jede Art in säen auf absonderliche manier dergestalt tractiret seyn / daß kein Hauß-Wirth sich rühmen kan, als ob er gnugsame Wissenschafft habe / wie er den Acker-Bau am besten und sichersten cultiviren solle / ob er gleich von seinen Vorfahren / vielfältige / so wohl mündliche als schrifftliche Anleitungen hierzu erlanget / und da nun bey diesen sich so viel Hindernisse und Unwissenheit in Weg leget / um wie viel mehr würde solches bey der Baum-Saat geschehen / die bißhero von niemand vor die Hand genommen / noch weniger excolirt worden.

Aber wir haben bereits oben gewiesen / daß dergleichen Einwürffe nicht verhindern können / dieser höchstnöthigen Wissenschafft nachzudencken und durch würcklichen Versuch und Erfahrung selbe zu erlernen.

Denn dem menschlichen Verstande ist dahin zugelangen nicht unmöglich / und der Fleiß / samt dem Vertrauen und Hoffnung zu GOtt / secundiret alles gute Vornehmen.

Unterdessen wollen wir dem geehrten Leser so viel uns hiervon beywohnet / in diesen und folgenden Capiteln mitzutheilen nicht ermangeln.

§. 7. Aller Baum-Saamen / ehe er reif wird / stehet fest auf dem Baum / so bald er aber zeitig / stösset ihn die Mutter von sich / der fället denn ab und suchet sich weiter zuvermehren.

So lange er aber noch unreiff oder grüne / so hält ihn der Baum / oder so zu sagen seine Mutter feste / und läst ihn nicht abfallen / giebt ihm Nahrung / und bedecket ihn mit Laub und Schale für allen Unfall / Regen / Hitze und Kälte.

Hierbey nun ist / so viel die wilden Bäume belanget auch billig zu bedencken / wie die Natur den Saamen derselben so wohl und fleißig verwahret / und zwar vielmehr als bey denen zahmen.

Denn die Früchte derer letztern / darinnen der Saamen stecket / haben insgemein nur eine zarte Schale; hingegen die wilden / als die Tann-Zapffen / die Eicheln / Buch-Aeckern und dergleichen / sind mit einer festen Haut / Schuppe und Stacheln / dergestalt umgeben / daß ihnen von der Hitze / Frost und Ungezieffer nicht leicht Schade geschehen kan.

Es finden sich also an solchen Involucra seminum, seu capsulae, quibus foetuum instar ad tutelam in volvuntur.

D. i. Hüllen und Fächlein des Saamens / worinnen derselbige nicht anders als eine Leibes-Frucht zu seiner Verwahrung eingewickelt ist.

Ferner so ist daran die äusserliche Rinde / Haut und Schale des Saamens von unterschiedenen formen, figuren und Farben / er hat auch insgemein zweyerley Häute / als aussen die Schale[WS 1] / und innewendig auch ein weisses oder gelbes Häutlein um den Kern herum; etliche haben aber auch wohl drey Uberzüge / Einfassungen / oder Häute / damit solcher Saame verwahret ist / als die Castanien / die Buch-Aeckern / Eicheln / Hasel-Nüsse / auch insonderheit die Fichten / Tannen, Kieffern / als bey welchen 1.) der Tann-Zapffen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schaie
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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/146&oldid=- (Version vom 14.2.2021)