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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 26. Es wolten endlich zum Beschluß die grossen Gebürgischen Wälder / oder vielmehr Stock-Räume wohl selber gerne ihre Blösse und Armuth an Holtze klagen; allein es mangelt ihnen wohl an der Stimme / so ihre Einwohner für sie solten hören lassen; jedoch mahnen sie in Anschauung ihrer Blöße / jederman hierzu an, und beklagen sich / daß ob gleich ihnen die Natur zu zeiten behülfflich ist / und durch Anflug ein gering Schürtzgen oder Röckgen zu wirfft / so werden sie doch davon durch die unverschämte Holtz-Axt / oder hungerigen Magen des Viehes / ehe sie es fast gewahr werden können / gäntzlich wieder davon entblößet.

Und ob man gleich das geringste Interesse dabey nicht hätte / so würde man doch genöthiget / dieser stummen Creaturen Noth und Anliegen (indem sie gleichwohl ihren Einwohnern gerne mit ihren Gewächsen dienen wolten / aber daran so mercklich / gehindert werden) in etwas zubedencken / und Mittel an die Hand zu nehmen / wie sie dießfalls nebst ihren An- und Einwohnern zu soulagiren.

§. 27. Wenn wir aber nun so thane weitläufftige von Holtz entblöste Refieren und Gebürge erblicken / und darbey auf die Gedancken gerathen solche hinwiederum mit sattsamen Anflug und Bäumen aufs schleunigste zu bedecken / so wird zugleich mit gefraget / welches der bequemste und schleunigste Weg hierzu seyn möchte / ob das Saamen-Ausstreuen / oder aber das Bäume versetzen / welches sonsten das Verpflantzen genennet wird? Bey dem letztern ist zu erwegen / daß öffters dergleichen Blössen anzutreffen / die sich auf etliche Meilweges erstrecken.

Wenn nun selbige mit jungen Bäumen besetzet werden solten / so dürffte nicht allein eine gute Zeit hingehen / ehe man mit Anrichtung derer hierzu erforderten Baum Schulen zu Stande kommen könte; sondern es würde auch diese Arbeit nicht wenig Unkosten erfordern / welche doch grösten Theils vergeblich und umsonst seyn dürfften / in dem die Wintergrünenden Bäume / oder das so genante Tangel-Holtz insgemein sich nicht wohl versetzen läst / oder wenn man solches auff sothane Art fortzupflantzen vermeinet / entweder gar nicht fortkömmt / oder doch keinen rechten Wachsthum hat / darvon unten mit mehrern gehandelt werden soll: Also wird der erste Weg wohl das allerbeste und sicherste Mittel seyn / daß wenn man grosse Refieren zum geschwinden Anflug bringen will / solches durch Ausstreuung des Baum-Saamens geschehe / und zwar / weil es einerley kosten / Mühe und Arbeit erfordert / von denen nützlichsten und schleunig wachsenden Arthen des Holtzes.

Jedoch ist auch nicht undienlich oder zu wiederrathen daß in denen Gehauen / so zum Holtzschlag ausgesetzet / mit Holtzschlägern schon beleget / oder doch künfftig beleget werden sollen / gnügliche / und zum Saamen tragen

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/126&oldid=- (Version vom 14.2.2021)