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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

und Niedrige / Reiche und Arme / jener mit seinem Gelde und Anstalt / und dieser mit seiner Arbeit dem Säen und Pflantzen zu statten kommen / damit alles untragbare Land / so viel nur müglich gebessert und zur Nutzung anbracht werde; wie denn in andern Ländern / dieses so fleißig practiciret wird / das keine Kosten hierunter gespahret werden / ob gleich zu Zeiten mehr aufgewendet und zum Unkosten erfordert wird / als die Sache an sich selbsten würdig / so bleibet doch hernach der unfehlbare Nutz dem Lande / und die Unkosten samt der Arbeit sind auf einmahl / oder doch nach und nach verschmertzet.

Allein wie wohl nach dem Xenophonte La culture de la terre est un art veritablement noble, & capable mesme de communiquer de la noblesse aux gens qui en font profession.

Das ist: Der Feldbau eine wahrhafftig edle Kunst ist / und vor sich selbst geschickt / diejenige so hiervon profession machen / zu veredeln und nach des Catonis Auspruchs: Virum bonum cum antiqui laudabant, bonum colonum praedicabant & amplissime laudatum existimabant; oder wenn die Alten einen rechten Biedermann loben wolten / so nennten sie ihn einen guten Landmann / und vermeinten daß sie Ihm hierdurch ein sattsames Lob beygeleget hätten. so möchte man doch nicht unbillig mit Columella sagen / und klagen; sola res rustica quae sine dubitatione proxima, & quasi consanguinea sapientiae est, tam discentibus eget, quam Magistris.

Das ist: Der eintzige Feldbau / der doch nach der Welt-Weißheit die vornehmste Wissenschafft und mit derselben verschwistert ist / befindet sich in dem Stand / daß selbigen weder jemand lernen noch lehren will; und also haben schon die Alten darüber ihre lamentationes geführet.

Aber der hieraus entstehende Schaden ist unbeschreiblich.

Ein schmertzlich Exempel hat man an dem gelobten Lande / in welchem Milch und Honig innen floß / das aber wegen unterlassener Cultur, nunmehro in eitel Unfruchtbarkeit und Mangel verwandelt ist. Da aber nun ein Land sich durch das Holtz-Säen selber glücklich machen kan und gnugsame Gelegenheit darzu hat / so wird gehoffet / man wird solche avantage nicht aus den Händen gehen lassen / in deme doch abgetriebene Holtz-Refieren / so sich zum Besäen und Pflantzen darbieten / zur Gnüge verhanden sind / anbey auch an Volck und verständigen Leuten kein Mangel zu spüren ist.

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/125&oldid=- (Version vom 13.12.2020)