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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

man solche wohl mit Recht Irrdische Paradieße zu nennen hat / welches dann auch so wohl gantzen Provinzien als particular-Güthern zu großer Würderung und Aufnehmen gediehen / und worvon inn- und außer Landes / von curiösen Leuten allerhand Bücher in ziemlicher Anzahl geschrieben / und dadurch so vielmehr der gute effect gewonnen und befördert worden / so / daß fast gantz Europa vorietzo beschäfftiget / die Gärtnerey nochmehr zu excoliren / und zu erweitern.

Wiewohl nun solches alles verwunderns- und rühmens-würdig / so ist doch hingegen nicht unbillig zubedauern / daß ob gleich der große und unentbehrliche Nutzen / so aus denen wilden Gehöltzen zuziehen / demjenigen / so die Gärten geben / unvergleichlich weit übertrifft / jedennoch bey dem so hoch hinangebrachten Garten-Bau / unter dessen der oeconomie in Unterhalt-Vermehr- und Erweiterung derer wilden Bäume und Gehöltze / an vielen Orten große Versäumnüs zugewachsen / und wenig / ja fast nichts ausführliches von Säe- und Pflantzung / item von guter Pflegung und Wirthschafft treiben / bey dem wilden Gehöltze / wie auch von Beförderung deren Anflug und Wiederwachses beschrieben / dahero wohl zu wüntschen / daß die Sylvicultura, oder der wilde Holtz-Anbau / auch so hoch / als die Gartnerey erhoben werden möchte / dadurch würden ohne Zweiffel diejenigen Länder / so großen Holtz-Vertrieb haben / auch zum Holtzwachs genaturet / und mit weitläufftigen Revieren darzu von Göttlicher Allmacht versehen / in großes Aufnehmen gesetzet werden; Allermaßen des Holtzes bey keiner Wirthschafft / ja auch in dem allergeringsten Bauer-Hüttlein / auf keinerley weise / und so wenig / als fast das tägliche Brodt / entrathen werden / ja auch niemand dieses / ohne das Holtz / erbauen / mahlen / noch backen und also mit Grund der Wahrheit wiedersprechen kan / daß das Holtz zu Hinbringung des menschlichen Lebens / und Unterhaltung des allgemeinen Besten / vor ein requisitum primum, als eines auf der Welt mit zuhalten sey / welches um so vielmehr sich an den Tag leget / daß man ohne dasselbe / nebenst dem lieben Brodt / weder zu Saltze noch Schmaltze zugelangen / noch zu kochen / zu brauen / ja nicht in Trocknen zu wohnen / noch weniger den Leib den harten Winter durch / vor Frost und Kälte gesund und bey Kräfften lebendig zu erhalten / vermag / zugeschweigen daß ohne dessen Bey-Hülffe auch bey dem Edlen Bergbau zu denen untersten Schätzen der Erden in keinerley Wege zukommen / und also weder Silber noch Gold / oder andere Metalle und Mineralien / worinnen doch der nervus rerum gerendarum bey dem gemeinen Wesen bestehet / fündig zu machen / zu schmeltzen / zu münzen / noch sonsten zu Nutze zu bringen / und solchem nach / dieses

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite X. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/10&oldid=- (Version vom 6.2.2020)