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mit angestelter Jährlichen Procession, vorhergetragenen Bildern der Heyligen / mit Creutzen / vnd Fahnen. Wann nun S. Iohannes gebührender massen verehret / ist der Priester mit derselbigen Procession fort gangen zur Höhle / so in der nähe / vnd ein Crucifix in dieselbe hinab gelassen / vnd wider herauß gezogen. Dann zu der Zeit hat man das gemeine Volck vberredet / die Höhle erfordere Jährlich einen Menschen / wenn ihr nicht auff diese Weise ein genügen geschehe. Wann dann der Priester die Höhle befriediget / vnnd außgesöhnet / hat er dem armen Volck mit diesen Worten hinzugeruffen: Kompt / vnnd gucket in die Kelle / so kompt ihr nicht in die Helle. Biß hieher Eckstormius. Ein Anderer / der auff ersuchen etlicher vmbs Jahr 1646. dieser Orten Durchreisenden / vnd nicht so viel Zeit habenden / die obbesagte Baumanshöle selbsten zu besichtigen / hat hernach folgenden kurtzen Bericht hievon erstattet / wie von einem hohen Ort vns derselbe Anno 49. zugesand worden: Die Baumanshöle liegt an der Graffschafft Stolbergk / nahend bey einem Dorff / oder Flecken / Elbingerodt / oder Eilgerod / genant / im Feld / an einem Hügel. Der Eingang ist beschwerlich / sehr eng / vnnd abschüssig / vnd wird / von dem zuwachsenden Tropffstein / alle Jahr enger / könte doch mit geringer Mühe / vnd Vnkosten / leichtlich erweitert werden. Durch diesen Eingang allein kompt die eusserliche Lufft in alle Hölen / deren doch sehr viel seynd / weit vnd hoch / voller Abgänge / so wol in die Sträck / vnnd Ebene; als vnterwarts. Vnd liegen darinn viel stücke abgefallener Felsen / so alle mit Tropffstein / gleich einem gefrornen Eyß / wie auch die gantze Höhe / damit vberzogen. Gedachter Tropfstein formiret im fallen auff der Erden allerhand Figuren / so doch mehrentheils in imaginatione bestehen. Vnter andern / ist ein scharpffer Felsen / vor den innern Hölen / vber welchen man / gleich auff einem Pferdt / oder Esel / hinüber reyten muß; dahero er das Rößlein genant wird / gantz mit glattem Tropffstein vberzogen / drey Mann hoch / vnd mit einem hohen / vnnd hohlen Felsen vmbgeben / vnnd bedecket / doch so hoch / daß wann eine lange Person auff dem Rücken deß Rößleins stehet / oben den Felsen schwerlich würde erreichen können. Solche hole Felsen ziehen sich zu beyden seyten an das Rößlein / vnd seynd von dem Tropffstein so glat / daß es nicht ohne Gefahr / wann einer an dem Rößlein herab gleiten solte / solcher ohne Hülffe guter Bergleuthe / nicht zu retten stünde / vnnd mit Seilen / vnd Stricken / erst wider auff das Rößlein / vnnd hernach vber dasselbe vollents in die erste Höhle müste gebracht werden. Dieses Rößlein / oder scharffe Felsen / ist ohne gefehr 5. oder 6. Ehlen lang / vnd ist darüber nur Schritlings / als zu Pferde / vberzukommen; welches der Soldaten Straff in den Quartiren (den Esel) nicht gar vngleich siehet. Wann man hinüber / vnd etwan Manns tieff hinab gestiegen / eröffnet sich wider ein newer enger Eingang / so niderig / daß man fast gebückt / an etlichen Orten / dardurch gehen muß / vngefehr von 12. biß in 15. Schrittlang / welcher sich abermahl abwarts ziehet / am Ende desselben in ein Loch / wie ein Berg-Schlacht / darüber sich ein stuck von einem Felsen ziehet / vnnd die Abfahrt gefährlich macht. In diese ließ ich den Bergman mit einem Seyl hinunter / vnnd sahe / daß es vber 2. oder auffs höchste 3. Claffter nicht tieff; sich aber alsbald erweitert / ergrössert / vnd erhöhete; daß auch ebenmässig viel mit Tropffstein vberzogene Spitze Felsen darinnen sich erwiesen. Diese Höle soll noch weiter / als die erste seyn / welche ich vngefehr von 600. biß 1000. Schritt / im Vmfang schätze. Auß derselben hat man sehr viele Knochen groß / vnnd klein / wunderbarlicher vnbekanter Thier / welche in hohem Werth gehalten werden / gegraben: welche Gruben man noch vielfaltig siehet. Als nun der Bergmann dahero Curios worden / hat er solche Höhle fleissig durchsucht / vnd aber einen Eingang / oder Schlacht in die dritte Höle / welche noch grösser schiene / als die andern / vnnd deren Ende noch nicht ergründen können / gefunden. In derselben sollen noch ziembliche Knochen / auch stück von grossen Thiersköpffen /

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Matthäus Merian: Topographia Superioris Saxoniae. Frankfurt am Mayn: Eigenverlag, 1650, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Superioris_Saxoniae_(Merian)_331.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)