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genommen. Bald hernach verklaget ihn deß entleibeten Pfaltzgraffen Bruder Albertus Bischoff zu Bremen / bey Keyser Heinrich dem IV. vnd bringet so viel zu wegen / daß Landgraff Ludowig im Stifft Magdeburg gefangen genommen / vnd vff das Schloß Gebichenstein vnder Halla / an der Saala gelegen / geführet / da er länger denn zwey Jahr in harter Gefängnuß gehalten. Biß er endlich diese List erdacht / vnd beneben andern Kleydern / auch einen sehr langen weiten Rock / den er ihm dazu hatte machen lassen / angelegt / vnd als einsmahls die Männer / welche seiner hüteten / mit einander im Brett gespielet / also / daß sie auff ihn nicht viel Achtung gegeben / von dem Fenster den hohen Stein hinab in die Saal gesprungen. Da ihme dann der Wind in die weiten Kleyder gegangen / vnd ihn also geführet / daß er nicht hoch in das Wasser gefallen / allda alsbald seine Diener / die vnter dessen zu dem Handel heimblich bestellet gewessen / mit zweyen Kleppern auff ihne gewarttet / mit den Canen hinzu geschifft / ihne ergriffen / ihm wider truckene Kleyder angezogen / vnd ihn also darvon gebracht / biß gen Sangerhaussen zu seinem Weibe / Fraw Adelheit von welchem Sprunge er den Namen bekommen / daß er Ludwig der Springer / ist genennet worden: Demnach nun die Sache endlich vertragen / vnnd beygelegt / ist er nach Rom gezogen / vnd hat vom Pabst die Absolution empfangen / doch mit dieser auffgelegten Busse / daß er / vnnd sein Weib / ein jegliches vor sich selbsten ein Kloster bawen / vnnd darinnen die vbrige Zeit ihres Lebens zubringen solten. Wie auch geschehen.

Denn Anno 1089. hat Graff Ludwig angefangen das Closter Reinhartsbrunn / zu bawen: Sein Gemahlin aber hat das Münster Aldesleben bey der Sachsenburg / welches ihr Leibgedinge war von ihrem ersten Herren / GOtt zu Ehren / vnnd ihrer Besserung / erbawet. Hernach hat dieser Graff Ludwig der Springer seinen Söhnen das Regiment vbergeben / vnnd vermöge seiner Busse / vnd gethanen Gelübts / sich in sein Closter Reinhardsbrunn begeben / biß an seinen Todt / da er denn in eines Mönchs Kutten begraben worden. Dessen Sohn auch Ludowig genandt / hat deß Hertzogen zu Sachsen Lotharij, der hernach Keyser worden / Tochter zur Ehe gehabt / vnd weil er gestreng / auffrichtig / Weise / auch Mächtig in Thüringen vnd Hessen war / hat er ihne zum Landsfürsten / vnd ersten Landgraffen in Thüringen vnd Hessen gemacht. Als nun dieser erste Landgraff Ludwig in Thüringen vnd Hessen / Anno 1150. auff dem Schloß Wartburg / bey Eysennach / von dieser Welt abgeschieden / vnd gen Reinhartsbrunn begraben worden / ließ sein Sohn Ludwig der Eysserne / ihme das Land huldigen. Dieser war deß Nahmens der Vierdte / vnd Standes halber der Ander Landgraff in Thüringen vnd Hessen / von welchem die Historien melden / daß er Anfangs ein milder / freundlicher / vnnd sanfftmühtiger Herr gewessen / vnnd demütig gegen jedermann / darüber ihn auch seine Edelleuthe verachtet / vnnd auff seinen[WS 1] Befehl nichts gegeben / sondern ihre Vnterthanen / wie sie selber gewolt / geschatzet / vnd mit Diensten beschweret. Als aber einsmals der Landgraff auff der Jagt einem Wild nach gesetzt / daß er sich verritten / von seinen Dienern kommen / vnd von der Nacht vberfallen worden / endlich aber in die Ruhla kommen / zu einem Hammerschmidt mit schlechten Jägers Kleydern angethan / hat ihn der Schmiedt gefraget / wer er sey? Darauff antwort er / er were deß Landgraffen Jäger / vnd bitte vmb eine Nachtherberge. Da sprach der Schmied: Pfuy deß Landtgraffen / deß barmhertzigen Herren / wer ihn nennet / soll allemahl das Maul wischen. Doch wisse er ihn endlich in den Stall / auff das Hew / allda er sich mit seinem Pferde behelffen solle. Als nun der Landgraff dem Schmiedt / der bey Nacht arbeitet / zusahe / must er mit schmertzen anhören / daß der Schmiedt / wenn er mit dem grossen Hammer das Eysen zusammen schlug / auff den Landtgraffen schalt / mit diesen Worten: Werde hart du barmhertziger Landgraff / was sollestu vns armen Leuthen leben? Siehestu nicht / wie deine Leuthe vnnd Räthe / die armen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: feinen
Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Superioris Saxoniae. Frankfurt am Mayn: Eigenverlag, 1650, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Superioris_Saxoniae_(Merian)_123.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)