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fast ganz außer Gebrauch gekommen war. Den Anfang machte Limnäus in seinem Ius Publicum (1629) lib. I. Cap. 7 § 10 bei der Besprechung der Namen des Reiches. Er sagt dort: Denique idem (imperium) vocatur Romano-Germanicum, vel ut est in Recessu Imperii de anno 1541 in principio: Das Heilige Römische Reich Teutscher Nation, quo significatur, apud Germanos, tanquam superiores Romanum esse Imperium, et arctissimo quasi vinculo his esse connexum. Dementsprechend äußert er sich später in den Capitulationes Imperatorum et Regum (1657, 2. Aufl. 1658 u. öfter) bei der Interpretation des bereits oben zitierten Art. 33 (bei Limnäus 30) der Wahlkapitulation Karls V.: „In das Reich Teutscher Nation: Hoc est in Germaniam. Fortassis etiam potuisset pro faciliori intellectu poni: Herauß in Teutschland vel herauß in die Teutsche Nation. Certum enim est, imperium nationis Germanicae non sola Germania definiri. Debebat autem Carolus venire in Germaniam, non exempli gratia in Langobardiam, quae et ipsa Imperii nationis Germanicae pars est, sed non sita in Germania“. Hatte Limnäus früher ausgesprochen, daß das Reich deshalb das „römische Reich deutscher Nation“ heiße, weil es von der deutschen Nation beherrscht werde, so zieht er hier aus dieser Anschauung die Konsequenz, daß zu dem Reiche deutscher Nation auch die außerdeutschen Teile, Italien und Burgund, gehören.

Zeitlich zwischen die beiden Äußerungen von Limnäus schiebt sich eine die gleiche unrichtige Auffassung vom Sinne der Formel verratende Äußerung des Benedikt Carpzov ein, ohne daß eine Beeinflussung durch Limnäus sich direkt nachweisen ließe. In seinem Commentarius in legem regiam Germanorum, Leipzig 1651, sagt er in cap. I sect. 15 nr. 18 (p. 69): Atque Imperium non semel appellatur Romano-Germanicum, das heilige Römische Reich Teutscher Nation in Recess. Imper. Carpzov weiß hier für die Übersetzung der in den Reichsabschieden gebräuchlichen deutschen Formel keine bessere lateinische Wendung zu finden als Imperium Romano-Germanicum; denn daß er hier lediglich übersetzen will, ergibt die von ihm gewählte Interpunktion deutlich. Die Art der Übersetzung beweist aber, daß für Carpzov unsere Formel eine Bezeichnung des Reiches in seinem vollen Umfange ist.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Heiliges römisches Reich deutscher Nation. Eine Studie über den Reichstitel. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1910, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_den_Reichstitel_30.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)