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an eine Bestimmung der Reformation guter Polizei von 1548 besagt: „Nachdem im Heil. Reich Teutscher Nation gute Wüllen-Tücher gemacht wurden, also daß man fremder Nation Tücher wohl entrathen und das Geld, so für dieselbige fremde Tücher gegeben, in Teutscher Nation behalten möchte …“ und weiterhin: „… setzen, ordnen und wollen, daß … hinfür niemand … einige Wollen … aus dem Heil. Reich Teutscher Nation mit Hauffen verkauffe, verführe, vertreibe oder verhandele, sondern daß solche Wollen im selbigen Reich Teutscher Nation behalten und dem inländischen Handwerck der Geschlachtwander, Wandmächer, Wullnweber oder andern … um ein ziemlichs verkaufft und dardurch dasjenig, so einem grossen Theil Teutscher Nation hochnützlich und ersprießlich, gefördert werde.“ Hier zeigt die Gleichsetzung unseres Ausdrucks mit „Teutscher Nation“ und mit „Inland“ sowie die Gegenüberstellung der „fremden Nation“ schlagend die Richtigkeit unserer Auffassung.

Schließlich noch ein Beispiel: Die Ritterschaft beschwert sich zu Schweinfurt am 29. Dezember 1522 darüber, daß „bäbstliche Heiligkeit … in- und außerhalb Teutscher Nation das Römische reich und dessen underthan vilfeltiglich … beschwere“[1]. Hier wird ganz bestimmt die deutsche Nation als der deutsche Teil des Reiches dem außerdeutschen gegenübergestellt.

Die gleiche, wie ich sie kurz bezeichnen möchte, lokale Bedeutung der Formel tritt auch hervor in ihrer frühesten mir bekannt gewordenen Verwendung in der Literatur. In der sogenannten Reformation Kaiser Friedrichs III., die spätestens um 1525 entstanden ist, begegnet auf Schritt und Tritt die Bezeichnung „heiliges römisches Reich teutscher Nation“. Daß auch hier regelmäßig nur der deutsche Teil des Reiches gemeint ist, geht schon aus dem ganzen Zusammenhange, besonders deutlich aber daraus hervor, daß einmal im Eingang eines Abschnittes, wo man die sonst gebräuchliche Formel erwarten würde, an ihrer

Stelle sich findet „heiliges römisches Reich teutscher Lande“[2],

  1. Reichstagsakten j. R. III, S. 725.
  2. So der Druck bei Goldast, Reichssatzungen, 1609, S. 176, während die früheren Einzeldrucke auch an dieser Stelle die gewöhnliche Formel haben.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Heiliges römisches Reich deutscher Nation. Eine Studie über den Reichstitel. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1910, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_den_Reichstitel_28.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)