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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504

Niederlassung in der ganzen näheren Umgebung nachgewiesen. Auch pflegten die Römer an den Bädern selbst Kunstbauten aufzuführen, dazu Tempel und Weihesteine ihren Heilgottheiten zu widmen; aber nicht eine Spur davon trat je in Krumbad zu Tage, nicht einmal eine römische Münze. Eben so wenig kommen die Kelten als Urheber und Hauptträger des hiesigen Quellkults in Betracht, mögen sie auch gelegentliche Mitbenützer des Quellheiligtums gewesen sein; denn auch sie errichteten den Quellgottheiten Tempelchen und Weihesteine, und nichts derart ließ sich auch nur in schwachen Resten hier entdecken. Vielmehr wird auf die vorkeltische Bevölkerung Rätiens der Ursprung der Quellenverehrung in Krumbad zurückgehen, und dieses „rätische“ Volk wird auch während der Kelten- und Römerzeit als deren Hauptträger anzusehen sein. In beträchtliches Altertum wohl also reicht hier der Quellkult zurück, in die 1000 und mehr Jahre vor Christi. Von den Rätoromanen wurde er schließlich den ins Land kommenden Alamannen übermittelt und vererbt und im Lauf des frühen Mittelalters des heidnischen Charakters entkleidet, teils durch Beseitigung heidnischer Bräuche, als deren letzter erst 1651 das Sonnwendbad an Johanni fiel, teils durch Christianisierung der Schutzgottheiten und ihrer Feste.

So wird es auch verständlich, warum keinerlei Denkmalüberreste von dem alten Quellkult zeugen. Es gab keine Denkmäler (außer etwa höchst schlichten und vergänglichen Weihegaben) und keine Tempel bei diesem einfachen und völlig unliterarischen rätischen Landvolk, und so ist sein „Glauben und Hoffen, nie in Wort und Bild gefaßt, für uns … verschollen“ (Drexel 25). Vielleicht, daß die Brunnensage Bestandteile davon auf uns gebracht hat; aber wer will sich unterfangen, die ihr zugrundeliegenden naturmythischen Vorstellungen zu scheiden, die auf die alte Bevölkerung Rätiens zurückgehenden herauszuschälen und denen gegenüberzustellen, die aus anderer Vorstellungswelt die Kelten vielleicht und nachmals die Alamannen hineingebracht haben?

Das Quellheiligtum der Lebenden inmitten der Hügelheiligtümer der Toten!

Damit schließt sich der „magische Kreis“, in den ein Besuch des Krumbads den Freund heimatlicher Altertümer hineinzieht.

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504. Selbstverlag der Herausgeber, Dillingen 1929, Seite 502. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_das_Krumbad.pdf/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)