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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504

daß ihr gewaltsamer Tod nicht einfach bloß die Bedeutung einer häuslichen Tragödie gehabt, sondern das Volk stark in Mitleidenschaft gezogen hatte; bei Lebzeiten schon dem Volke lieb und teuer und innig verbunden durch volkstümliches Wesen und Gebaren, trat sie mit ihrem milden Sinn, ihrer fraulichen Zucht in das verklärende Licht, das ein gräßlicher Tod durch die Wut eines Rohlings darüber ergoß. Nein, vergessen hat das Volk seine Adelheid nicht so schnell, aber der Ort ihres Todes konnte in der Volkserinnerung zurücktreten und seine Stätte sogar wechseln: nachdem einmal der äußere Anhalt, die Kapelle, verschwunden war, konnten andere, dem Volk eingängliche Beziehungen sehr wohl zu einer Verlegung von der wirklichen Stätte an die durch die Beziehungen sich darbietende führen. Als Beispiel für die Leichtigkeit, womit sich solcher Ortswechsel in der Volkserinnerung vollzieht, wenn er durch das, was vor Augen steht, nahegelegt wird, sei aus vielen nur angeführt die in Erpfting verbreitete Volksmeinung, die alte Pfarrkirche des Dorfs, in Wirklichkeit eine Michaels-Bergkirche, eine halbe Stunde westlich vom Ort entfernt (die jüngere, jetzige, wurde um 1475 ins Dorf selbst gebaut, unter Auflassung der Bergkirche), sei die Wolfgangskapelle am Ostende des Dorfs gewesen: die Kapelle stand eben vor Augen, sie wurde erst 1804 beseitigt, während die wirkliche Altkirche auf dem Berg schon um 1500 verschwunden war (Bist. A. 8, 171 f.); das Wesentliche, die Tatsache, daß die Pfarrkirche ehedem anderwärts stand als später, hat sich treu in der Erinnerung erhalten, der Nebenumstand des Ortes aber ist, obwohl Jahrhunderte lang die Pfarrgenossen den weiten Weg zu machen gehabt hatten, so gänzlich der Vergessenheit anheim gefallen, daß sogar ein anderer Ort den wirklichen verdrängen konnte.

„Eingängliche Beziehungen“ jedoch, wie gesagt, mußten in Krumbad vorhanden sein, wenn die Verlegung der Untat von der wirklichen Stätte hinweg nach Krumbad der Volksvorstellung sich empfehlen sollte und in ihr sich sollte vollziehen können; aufnahmefähig hierfür mußte der Boden des Krumbads sein.

An solchen Beziehungen fehlte es nicht. Es gab in Krumbad, also in der Gegend, wo die edle Frau ums Leben gekommen war, einen köstlichen Brunnen, wohltätig durch Heilkraft und als wohltätig und heilkräftig erkannt und benützt, freilich längst schon vor jenem Verbrechen, ein Umstand jedoch der

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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504. Selbstverlag der Herausgeber, Dillingen 1929, Seite 485. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_das_Krumbad.pdf/15&oldid=- (Version vom 1.8.2018)