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seiner Zeitschriftenbeiträge nach 1810), durch Stiluntersuchung und Verwendung aller sonstigen Mittel, die dem Philologen zur Verfügung stehen. Ohne die Stütze eines direkten Zeugnisses, muß Schultz für Wetzels Verfasserschaft einzig und allein den indirekten Beweis erbringen; und jeder weiß, wie leicht sich jemand, dem das Anerkennen schwerfällt, einem indirekten Beweise gegenüber in Bedenken und Zweifel hüllen kann. Um so rückhaltloser spreche ich Schultz meine Zustimmung aus und erkenne die zwingende Kraft seiner Untersuchungsart an, der dies Ergebnis zu danken ist.

Die Lektüre des Buches hat mir persönlich die Hingabe, die sie erforderte, reichlich belohnt. Denn sie hat mich auf einen Punkt gebracht, von dem aus ich, wie ich glaube, durch eigene Forschung einen Schritt vorwärts tun kann, und so erklärt es sich, daß ich zugleich meine eigene Untersuchung vorlege, ohne mich auf eine Anzeige des Buches zu beschränken, zu der mich die Redaktion des „Archivs“ ursprünglich eingeladen hatte.

Die Beiträge, die Wetzel zum „Phöbus“ geliefert hat, sind zumeist mit seinem Namen gezeichnet; von vier zusammenstehenden anonymen Gedichten des Juliheftes des „Phöbus“ konnte Schultz eines wieder in Wetzels „Schriftproben“ (2, 227) nachweisen, während er auch mit gutem Grunde die drei anderen für Wetzel vermutungsweise in Anspruch nahm. Nun ist es, wie ich auch in „Heinrich von Kleists Berliner Kämpfen“ bemerkt habe, augenfällig, daß gewisse Mitarbeiter des „Phöbus“ außer Kleist und Müller auch ein Jahr später wieder in den „Berliner Abendblättern“ auftreten, und aus dem „Phöbus“ her bekannte Namen, wie Schubert, Friedrich, Hartmann, Kügelgen, werden auch in den „Abendblättern“ wieder genannt. Ich fragte mich jetzt: Könnte nicht auch Wetzel in den „Abendblättern“ wiedergefunden werden, oder sollte er allein von den Dresdener Freunden ausgeschlossen sein?

Daß die Berliner Patriotengruppe um den Beginn der „Abendblätter“, seit Oktober 1810, mit Wetzel Fühlung hatte, entnahm ich zu meiner Überraschung aus einem Briefe Clemens Brentanos an die Brüder Grimm vom 2. November 1810. Dieser Brief ist erfüllt von Nachrichten über die Berliner Schriftstellerwelt, spricht von Kleist und seinen „Abendblättern“, erzählt von der neueröffneten Großen Kunstausstellung in Berlin („Berliner Kämpfe“ S. 249), auf der sich auch kolossal in Marmor die Büsten Tiedges und der Frau v. d. Recke von Thorwaldsen befänden, und fügt hinzu: „Beide sind hier,[1] zugleich auch eine sehr treffende Satire


  1. Daß Tiedge und Frau von der Recke um diese Zeit in Berlin waren, ist übrigens ein biographisches Moment, das Falkensteins „Leben und poetischem Nachlaß Tiedges“ entgeht.
Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Friedrich Gottlob Wetzel als Beiträger zu Heinrich von Kleists „Berliner Abendblättern“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig 1911, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Wetzel_Berliner_Abendblaetter.djvu/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)