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Prinz Moritz trat auf den Entwaffneten zu.

– Ihr seid ein tapferer Kämpfer! sagte er, dem jungen Manne aufmerksam in’s Gesicht sehend, um seine Züge zu erkennen. Finsterer fuhr er fort: Aber diese Eigenschaft giebt Euch, zum Henker, kein Recht, ohne Laterne Nachts die Stadt zu durchstreifen, auf den Anruf nicht zu stehen und Euer Geschäft hier draußen zu beweisen und zuletzt gegen die Wachen des Prinzen Statthalters Euren Degen zu gebrauchen. Man wird Euch lehren, in Zukunft als ruhiger Bürger Euch zu benehmen . . . Macht dem Herrn da einen Strick um die Hand und bindet ihn an den Sattelbogen.

Mit Indignation trat der Jüngling vorwärts bis dicht vor den Prinzen.

– Ich bin ein ruhiger Bürger, sagte er mit bewegter Stimme, und ich bitte Euch, da Ihr ein Offizier seid, mich vor unwürdiger Behandlung zu schützen. Ich fordere eine Unterredung mit Euch allein, um Euch zu überzeugen, daß ich bei meiner Anwesenheit hier nichts im Sinne gehabt habe, was Euch oder dem Prinzen von Oranien irgendwie nachtheilig wäre. Ich berufe mich auf den Statthalter, der es nicht billigt, daß ein unschuldiger Mann wie ein Dieb und Mörder geknebelt wird!

– So? sagte Moritz. Kennt Ihr den Oranien denn so genau?

– Ich kenne ihn nur, wie ihn die ganze Welt kennt; aber ich weiß, daß der Prinz Moritz sich von Feldherren, wie Juan von Oesterreich, wie der Herzog von Parma, die er an Kriegstalent überragt, an Ritterlichkeit nicht übertreffen lassen kann.

– Da könnt Ihr Recht haben, mein zungenfertiger Herr! bemerkte Moritz trocken und trat mit dem Jüngling bei Seite. Jetzt, fuhr er dann fort, kurze und bestimmte Antwort auf meine Fragen. Wie heißt Ihr?

– Peter Paul Rubens.

– Rubens; so hieß ein Maler von Niederland . . .

– Er war mein Vater, erwiderte der Jüngling; und auch ich bin Maler.

– Und was wollt Ihr, mit Eurer Erlaubniß, hier um Mitternacht malen? Gehört Ihr etwa in dieses Haus?

– Nein!

– Aber Ihr wolltet Euch einschmuggeln?

– Mein Herr Offizier! sagte der junge Maler; ich sehe, Ihr seid, Eurem ganzen Wesen nach, mehr Cavalier, als ich nach Eurem ersten Befehle glaubte . . .

– In der That, Ihr habt eine eigenthümliche Art, höflich zu sein, Mynheer! sagte Moritz und legte dankend die gepanzerte Rechte an den Stahlhelm.

– Gebt mir Euer Ehrenwort, daß Ihr keinen Mißbrauch von meiner Erklärung machen wollt und ich werde Euch die offene Wahrheit sagen. Ich denke, Ihr werdet Grund finden, mich zu entlassen.

Mit halbem Lachen sagte der Prinz:

– Ich will sehen, was sich thun läßt, Herr Maler; ich gebe Euch das verlangte Versprechen. Beginnt indeß jetzt zu beichten, denn mit dem Herrn dieses Hauses habe ich ebenfalls noch ein Wort zu reden.

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 564. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/581&oldid=- (Version vom 1.8.2018)