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Ritterliche, adlige Uebungen füllten meine Jugendzeit aus. Aber als mein Körper Festigkeit und Ausbildung erlangt hatte, als ich in meinem Aeußern die unverkennbaren Merkmale der Erziehung eines Mannes von Stande zeigte, da überwies mir mein edler Pflegevater und Freund die weltlichen Wissenschaften als meinen künftigen Beruf, indeß er mich auf meine Talente und auf die Erfolge hinwies, die ich auf dieser Bahn zu erringen im Stande sei. Ich gehorchte mit Beschämung, denn ich sah nur zu wohl, daß der Freiherr mir nur deßhalb diese Bahn vorzeichnete, weil eben meine unbekannte Herkunft ihm nicht erlaubte, mir eine meiner Erziehung gemäße Laufbahn in der Armee oder an einem der katholischen Höfe von Deutschland zu eröffnen. Ich ward, während die deutsche Jugend sammt Dänen, Schweden und Franzosen auf fast jedem Flecke des vaterländischen Bodens kämpfte und sich Lorbeern erwarb, verurtheilt, in Prag, Bologna und Paris Juristerei zu studiren. Mein Fleiß hatte glänzenden Erfolg. Ich kam nach München und meine Kenntnisse eröffneten mir, was die Geburt mir versagt hatte: den Verkehr mit Fürsten und Großen; ich übernahm für den Kurfürsten in München diplomatische Unterhandlungen und bald meinte ich mich auf dem geradesten Wege zu finden, der endlich meinen Namen denjenigen der berühmten Staatsmänner anreihen sollte. Bald meinte ich hoch genug mich emporgeschwungen zu haben, um die Hand nach einem Kleinode auszustrecken, dessen Erlangung mir das höchste Ziel meines Lebens war, dem alles Andere nur als Mittel diente. –

Der Bischof erhob sich in tiefer Bewegung, zog rasch und mit dem Anstande eines Kaisers seine Robe fester um die Taille und fuhr erst nach längerem Schweigen fort, während Pauditz in großer Aufregung der weiteren Eröffnung harrte.

– Der Freiherr besaß eine einzige Tochter, zugleich, weil die meisten seiner Besitzungen Weiberlehen waren, die Erbin seiner Güter, seines Ranges und Titels. Sie hieß Valentine. Mit ihr durchwandelte ich das Zauberland der Kindheit; sie war meine Liebe, so lange ich denken kann; sie flößte mir zu der Zeit, wenn die Geschlechter sich scheiden, nachdem sie sich erkannt haben, eine Leidenschaft ein, die nur der ihrigen für mich gleich kam. Dies unglückliche Verhältniß ward von uns, sobald wir uns unserer Liebe bewußt wurden, mit einem die Reize desselben erhöhenden, undurchdringlichen Schleier umgeben, so daß selbst der Freiherr nicht ahnte, wie hoch sein armer Schützling die Augen zu erheben gewagt. Nur dann erst wollte ich hervortreten, wenn ich, Rang und Ehre auf mein Haupt gehäuft, als vollgiltiger Mann vor den Freiherrn hintreten konnte. – Eben in dieser Zeit sollte Valentine an den bairischen Kammerherrn von Dettenbach vermählt werden. Dieser Umstand entriß mir, dem Freiherrn gegenüber, das Geständniß meiner Liebe. Er verließ mich sprachlos, tief erschüttert. Zehn Minuten später gaben mir zwei Zeilen von ihm die Nachricht: daß ich der illegitime Sohn des Freiherrn, kein Fremder, sondern Valentinen durch die Bande des Bluts verbunden war. Er fügte hinzu, dies möge seiner Tochter, um die Ruhe ihrer Seele nicht auf ewig grausam zu zerstören, für immer ein Geheimniß bleiben. Ich ward krank, irrsinnig. Als ich erwachte, schützte ich Valentinen gegenüber ein in meiner Krankheit gegebenes Gelübde vor und ging in’s Kloster. Die Geliebte ward endlich durch die Bitten ihres sterbenden Vaters vermocht, sich mit von Dettenbach zu vermählen. – Ihr Herz aber gehörte mir an, sonst, jetzt und immerdar. Dettenbach fiel in Böhmen für den Kaiser. Kaum war Valentine frei, als sie, obwohl zum gereiften Weibe geworden,

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)