Seite:Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie.pdf/45

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

das Gebäude von den Schüssen in Flammen. Man schlug sich jetzt allenthalben, unter der Brücke, neben beiden Seiten und oben auf der brennenden Mühle, im Bache, jenseits desselben.

Sogar der Niederländer, dessen Geliebte schon Anfangs die Flucht genommen hatte, focht um seine Freiheit mit dem Navarresen, der ihn festzuhalten Befehl empfangen hatte. Obgleich waffenlos, überwältigte er denselben, bemächtigte sich seiner guten Klinge wieder im seichten Gewässer des Bachs, und hieb ihn zusammen, dann floh er ebenfalls.

Heranrückende spanische Regimenter machten dem Gefechte ein Ende. Oranien verließ mit seinen Reitern, die jeder hinter sich einen Fußgänger mit aufs Pferd nahmen, den Kampfplatz im Galopp. Er hatte einen jener kühnen Handstreiche ausgeführt, die ihn dem Feinde so furchtbar machten; er hatte recognoscirt und geschlagen, und fast hätte er seine Absicht erreicht und Ambrosio Spinola gefangen genommen.

Der Schrecken der Spanier über diese Kühnheit wich bald der hellen Begeisterung, als die Nachricht von der Furt durch die breiten Graben sich verbreitete. Mit wahrem Feuereifer warf die Infanterie Schanzen im Rücken des Lagers auf, um sich gegen eine abermalige Ueberraschung durch Moritz zu sichern. Als er in der folgenden Nacht einen geordneten Angriff wagte, ward er mit Verlust zurückgetrieben.

Spinola aber ließ seine entschlossensten Regimenter auf dem mit Wasser bedeckten Damm vorrücken – die erstarrten Ostender sahen sich von dieser Seite der Stadt verloren und – die Stadt war in Spinola’s Gewalt.

Sein Ruhm schallte durch ganz Europa, als die Kunde sich verbreitete, Spaniens Flagge wehe über Ostende’s Steinhaufen.




Die Rechtsverhandlung.
Von Christoph Pauditz.

Es war im Sommer 1648 noch in den frühen Morgenstunden, da tönte schon die silberne Schelle des hochwürdigsten Herrn und Gebieters durch den prächtigen bischöflichen Palast zu Freising. Dies war das Zeichen, daß der Bischof seinen schönsten Pagen, Stellio Viccanelli, einen armen lombardischen Edelknaben, erwartete, welcher ihm vorlesen und seine Befehle an die übrige Dienerschaft abgeben mußte.

Stellio, im braunen Sammtwamms mit weißen Seidenpuffen, den zierlich gefalteten flandrischen Spitzenkragen um den blüthenweißen Hals, flog durch die langen, getäfelten Gänge in das Zimmer, welches die Zelle des Bischofs hieß. Dies war jedenfalls ein sehr bescheidener Name. Das Cabinet des Hochwürdigsten war wahrhaft prächtig. Die Wände wurden von Meisterwerken der Malerei decorirt; ausländische Pflanzen strömten ihren Duft aus und zwischen den Blättern und Blüthen standen auf vergoldeten Sockeln von schwarzem Marmor Büsten und Miniaturstatuen berühmter Männer oder Copien von werthvollen antiken Sculpturen. Das Einzige, was auf die geistliche Würde des Gebieters hindeutete, war ein Bild, welches den Heiland zeigte, wie er die Wechsler und Krämer aus dem Tempel trieb. Dies Gemälde, gegenwärtig

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/45&oldid=- (Version vom 1.8.2018)