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– Ich habe für Sie gebetet! schrie Pompeo retirirend. Denn bei diesen Hieben konnte ich nicht erwarten, daß Sie lebendig blieben.

Die Maler setzten sich zu Pferd in der düstersten Stimmung, die sie seit Jahren erprobten. Anderies wüthete gegen den feigen Johann, gegen Du Jardin, Du Jardin gegen Anderies, und fing zuletzt darüber zu weinen an, daß sein geliebter Hund auch furchtbare Hiebe, unschuldige Hiebe, empfangen hatte. Kurz, dicht vor dem Dorfe an einem kleinen Bache, der einen malerischen, von Bäumen überhangenen Teich bildete, hielten die erzürnten Freunde an. Johann, sehr zerhauen und schwermüthig, tränkte sein mattes Roß; Anderies ließ sich von Pompeo seinen rechten, zerschlagenen Fuß verbinden; Du Jardin ritt wieder nach Rom zurück und war außer sich, daß er durch alles Locken seinen Hund nicht bewegen konnte, die Brüder zu verlassen.

Johann ermannte sich wieder.

– Brüder! schrie er mit klarer Stimme, was sind wir ausgeritten, zu sehen, wie die Mönche predigen? Was wollten wir finden? Landschaften und Scenerien, Staffagen. Die Landschaft? Da liegt sie. Die Staffage? Male jeder von Euch sich selbst und theilt Euch in mein und Pompeo’s Ebenbild, und wir, mit unsern geprügelten Körpern, passen in diese Abendlandschaft, als wenn Charles oder Anderies in ihren schönsten Augenblicken unsere Cavalcade erfunden hätten.

– Was? schrie Du Jardin, die Hand ans Ohr haltend; denn es hatte ihn längst gereut, fortgeritten zu sein.

– Komm nur, Bacchus! rief Anderies, seine Trinkflasche, welche er glücklich gerettet hatte, emporhaltend.

Oui, Sancho Pança! und der Franzose trabte mühsam und ächzend heran.

Alle Drei lagerten sich an dem herrlichen, kühlen Platze und unter Seufzen und Stöhnen über die schmerzenden Gliedmaßen kam hier ein Bild im Entwurfe zu Stande, das hinfort nur das „Dreimännerbild“ genannt wurde, weil das Kleeblatt dasselbe gemeinschaftlich ausführte.

Als die Skizze vollendet war, sah der sanfte Johann die Busenfreunde an.

– Soll die Reise wirklich bis Ancona gehen? fragte er ernsthaft.

Ein lautes Gelächter war die Antwort.

– Rom! Rom! riefen die Andern.

Ah, Carissima; ah, Roma! jubelte Pompeo tanzend. Welches Glück, daß die Signori Tedeschi Prügel empfingen. Vorwärts, Peppo, Selmo und Sandro; auf der Piazza del Popolo ist Euer Ruheziel! Vorwärts, Vorwärts!

Und abermals lief er wie ein Windspiel nicht vor, sondern hinter seinen Gäulen her, ihre Hintertheile noch unbarmherziger dreschend, als die betrunkenen Bauern die Künstler bearbeitet hatten.

Diese, in Rom angekommen, vollendeten ihr Dreimännerbild und gaben von dem Honorare dafür ein Banket, wie es sich noch lange als unübertroffen in den Sagen der zechlustigen Jünger der Kunst in Rom erhalten hat.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 393. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/410&oldid=- (Version vom 1.8.2018)