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einzutragen. Die andern Beiden beschäftigten sich, während dieser Aemsige fast vor Geschäften schwitzte, auf bequemere Weise. Der zweite Maler, welcher mit dem Notizenschreiber eine wahrhaft frappante Aehnlichkeit hatte, trank unaufhörlich den um ihn stehenden Freunden aus einer mächtigen Feldflasche den Abschiedsgruß zu. Bereits dreimal war einer der Künstler mit dem ausgeleerten Gefäß in größter Eile nach einem Weinhause des Corso gelaufen, um neuen „Stoff“ zur Verlängerung der Abschiedsfeierlichkeiten herbeizuschaffen, und allem Anscheine nach hatten diese bedeutungsvollen Wanderungen nur erst begonnen. Der dritte Künstler war ein fetter kleiner Mann, der vor sich auf dem Pferde einen bunten, langohrigen Hund hielt, den er unermüdet liebkoste, während er ihm von Zeit zu Zeit eine gute Portion von dampfenden, von Sauce tropfenden, würmergleichen Fadennudeln in die Schnauze steckte, ein Gericht, das der Maler mit wahrhaft italienischer Gefräßigkeit, auf ächt italienische Art, mit den Händen der Schüssel eines neben ihm stehenden Maccaroniverkäufers entnahm.

Das Notizenschreiben des Einen, das obstinat fortgesetzte Trinken des Zweiten und das unerschütterlich consequent durchgeführte Nudelnessen des Dritten, wurde durch einige neue Personen unterbrochen. Diese waren ein ungeheuer fetter Mönch und ein ziemlich zerlumpt sehender römischer Bürgersmann von bescheidenstem Körperumfange. Der Römer hatte, seit diese zukünftigen Reisenden sich noch auf der Piazza del Popolo verweilten, hinsichtlich der Pferde, welche er und Niemand anders hergeliehen hatte, einige wichtige neue Beschlüsse gefaßt. Zur Execution des ersten derselben hatte er den Mönch mitgebracht. Die abgetriebenen Klepper sollten eingesegnet werden. Trotz aller Protestationen der darauf sitzenden Herren begann der Mönch seine Hände auf die schmutzigen Köpfe, auf die langen Ohren und magern Hälse der Pferde zu legen und mit einer Stentorstimme den heiligen Antonius in dem sogenannten „Pferdegebete“ anzurufen, über die altersmüden Glieder dieser Rozinanten voller Gnade zu wachen.

Hiernach that der Pferdeverleiher seinen unwiderruflichen Entschluß kund, seine Pferde im Auge behalten zu wollen, da er, wie er sagte, fürchte, ihnen möchte bei den zu erwartenden schweren Strapazen die gewohnte liebevolle Pflege abgehen. Alle Maler disputirten mit dem Italiener, um ihn zum Zuhausebleiben zu bewegen; sie gingen sogar so weit, den Pferdeverleiher mit Schlägen zu bedrohen, weil er es wage, Künstler in dem Verdachte zu haben, sie könnten sich in Pferdediebe verwandeln – vergebens. Wer vermöchte es, einen Römer und zwar einen für seinen Geldbeutel raisonnirenden Römer niederzuraisonniren? Pompeo fluchte und schwor und weinte und declamirte so lange, bis ihm die Maler nicht allein erlaubten, zu Fuß neben den Thieren herzutraben, sondern ihm noch obendrein ein genügendes Trinkgeld für seine Bemühungen zusicherten.

Nachdem diese Scenen sämmtlich vollständig erledigt waren, nahm Pompeo nach erhaltener Erlaubniß seinen langen Stecken, schrie seine edlen Thiere mit gellender Stimme an, applicirte jedem derselben einen sehr wenig liebevollen Hieb über die Kruppe und lief, während die zurückbleibenden Künstler Lebewohl riefen und die Hüte schwenkten, wie ein Windspiel den in hartem Trabe Abreitenden voran, in Einem fort: Platz! Platz! schreiend.

Die Reise war angetreten und ein Kleeblatt war unterwegs, wie es unzertrennlicher selten in Rom in der Künstlerwelt bewundert wurde. Der Notizenschreiber mit dem Schnurr- und Zwickelbarte, eine sehr offene, heitere Miene zeigend und mit ersichtlichem Vergnügen von

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 386. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/403&oldid=- (Version vom 1.8.2018)