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Garcias IV., ein Abkömmling des alten königlichen Hauses, zum Regenten gewählt wurde. Eine Gelegenheit zur Erweiterung seiner Grenzen bot sich nirgends für das kleine, von mächtigen Nachbarn umgebene Reich, von dem vielmehr 1161 Castilien die Provinz Rioja oder Naxera und 1200 Vizcaya mit Guipuzcoa und Alava abriss. Geringen Ersatz bot, dass Sancho VII., der Weise, im Anfange des XIII. Jahrhunderts den Engländern das bis dahin zur Gascogne gehörige Nieder-Navarra (die Merindad de ultra puertos) entriss. (Longuerue, I, pag. 212.)

Aragon[1] fiel 1137 an die Grafen von Barcelona, nachdem diese 1067 die Oberherrlichkeit über Urgel, 1111 die Grafschaft Besalu und 1117 Cerdagne mit Conflans erworben hatten, wozu noch 1153 die völlige Vertreibung der Mauren aus dem Gebirge Prades und dessen Hauptort Siurana kam. Teruel ward 1171 gegründet, Roussillon 1172 ererbt und um diese Zeit (Gesta Com. Barcinon. in de Marca’s Marca Hisp. p. 550) auch die Grafschaft Pallar erworben.

Ueber die aragonesischen Besitzungen im südlichen Frankreich und im Königreiche Arelat vgl. die Erläuterungen zur Section Frankreich. Aragon erwarb im Jahre 1204 Montpellier nebst Omelas durch Heirat und in den Jahren 1211–1213 die Grafschaft Toulouse, Cahors oder Quercy, das Herzogthum Narbonne und die Grafschaft St. Gilles, sowie die Grafschaft Foix, die deren Gebieter dem Könige Pedro I. zu Lehen auftrugen. Die Provence fiel 1245 an das Haus Anjou, und im Jahre 1258 vereinbarte sich Jayme I. mit Ludwig IX. von Frankreich dahin, dass dieser allen von den Zeiten der spanischen Mark her über die catalonischen Grafschaften ihm zustehenden Lehensrechten, jener allen Rechten auf seine in Frankreich liegenden Gebiete mit Ausnahme von Carlat und Montpellier entsagte.


Iberische Halbinsel: No. IV. Iberische Halbinsel von 1257 bis zur Vereinigung von Castilien und Leon 1479 und zum Fall des Königreichs Granada 1493. – Nebenkarten: 1. Granada. – 2. Königreich Granada. – 3. Grenze von Cataluña. Von K. v. Spruner.

Aragon verlor durch den oben erwähnten Vertrag vom Jahre 1258 den grössten Theil seiner südfranzösischen Besitzungen bis auf Carlat und Montpellier, erwarb aber dafür die Unabhängigkeit von französischer Lehnsherrschaft für die catalonischen Lande. Eine Nebenlinie des Hauses erhielt 1262 unter Oberhoheit der aragonischen Herrscher das Königreich Mallorca, aus diesen Inseln, sowie Roussillon, Cerdagne, Conflans und den in Frankreich noch übrigen Gebieten bestehend, welches Reich jedoch 1349 wieder an die Hauptlinie zurückfiel. In demselben Jahre wurden die französischen Besitzungen an die Krone Frankreich verkauft.

Waren auch die Grenzen des aragonischen Besitzes auf der Halbinsel selbst nach vollendeter Eroberung von Valencia nur noch durch die 1305 im Vertrag von Campillo (oder Torellas) bedungene Abtretung des seit 1266 streitigen östlichen Murcia’s mit den Städten Alicante, Orihuela, Elche etc. erweitert worden, so wurde dagegen in dieser Periode reiche Entschädigung für das in Frankreich Verlorene in Italien gefunden, aber freilich in Behauptung und Erstrebung dieses auswärtigen Besitzes dem Vaterlande die besten Kräfte entzogen. So ward 1282 das herrliche Sicilien den Angiovinen entrissen. 1297 erfolgte Seitens des Pabstes die Belehnung mit Sardinien und Corsica; doch konnte Corsica nie den Genuesern abgenommen werden, und Sardinien ward erst im Laufe des XIV. Jahrhunderts nach harten Kämpfen mit Genua und Pisa zur völligen Unterwerfung gebracht. Alfonso V. erobert endlich auch 1442 Neapel, welches Reich aber erst nach langen Kriegen mit den Franzosen dauernd behauptet werden konnte. Mit Ferdinand, dem Neffen Alfonso’s, schliesst die Reihe der besonderen aragonischen Könige. Er war mit der castilischen Thronerbin Isabella vermält, und im Jahre 1479 erfolgte die Vereinigung der beiden Reiche.

Die grossen catalonischen Grafschaften fielen allmälig an die Krone Aragon und wurden jüngeren Prinzen als Apanagen zugewiesen.

Castilien litt in diesem ganzen Zeitraum an innerer Zerrüttung durch die Thronfolgekämpfe mit den unrechtmässig ausgeschlossenen Nachkommen Alfonso’s X., den la Cerda, und durch die Parteiungen übermächtiger Adelsgeschlechter, besonders der Lara und Haro.

Die Eintheilung von Castilien und Leon ist nach den Bestimmungen des 1349 zu Alcala de Henares gehaltenen Landtages getroffen, wo als Hauptstädte für Castilien Burgos, Soria, Segovia, Avila und Valladolid, für Leon Leon, Toro, Zamora und Salamanca, für Toledo (später Neu-Castilien) Toledo, Madrid und Guadalaxara und für Andalusia Sevilla, Cordova, Jaen und Murcia aufgeführt werden. Extremadura erscheint erst seit dem XVII. Jahrhundert als besondere Provinz und war früher zwischen Alt-Castilien und Leon getheilt; Galicien aber zählte zu Leon.

Die Kämpfe mit den Mauren, denen, nachdem die Almohaden mit der Eroberung von Sevilla 1248 unterlegen und der Vasallen-König ihres Geschlechtes 1257 aus dem Reiche Nibla vertrieben war, diesseit der Meerenge nur noch das 1238 zu Arjona gestiftete Königreich Granada und das kleine Gebiet von Alicante, die jedoch beide Castilien Huldigung leisten mussten, verblieben war, dauerten mit wenigen kurzen Zwischenräumen ununterbrochen fort. In ihnen wurden 1285 Tarifa, 1310 Quesada und Bedmar – die schon 1224 castilisch gewesen, aber 1298 wieder verloren gingen –, 1309 das wichtige Gibraltar erobert, 1340, im Verein mit Aragon und Portugal, der Sieg am Salado-Flusse bei Tarifa über die vereinigten Granadiner und die mächtigen Meriniden oder Zeneten aus Fês erfochten, 1344 Algeziras und das elf Jahre früher wieder verlorene Gibraltar eingenommen, 1410 Antequera und 1430 das seit 1298 in den Händen der Mohren befindliche Huescar nebst den umliegenden Burgen errungen. 1493 fiel endlich das Königreich Granada.

Navarra, in seinen alten Grenzen verbleibend, fiel nach dem Tode Sancho’s VII. durch die Heirat seiner Schwester Blanca an das Haus der Grafen von Champagne aus dem Stamme Vermandois und von diesem durch die Erbin Johanna, welche 1276 mit König Philipp dem Schönen von Frankreich verlobt wurde, an das Haus Capet. Die Tochter Ludwig’s X., Johanna II., brachte es 1329 ihrem Gemale Philipp, Grafen von Evreux, zu. Durch die Letzte dieser Regentenreihe, Blanca, welche den Infanten Johann von Aragon ehelichte, kam das Königreich an dieses Haus, und als ihr Sohn und bestimmter Thronfolger Karl von Viana 1461 – und Johanna selbst 1479 gestorben war, mit dessen Tochter Eleonore an das Haus Grailly.


  1. Zu Aragon gehörte auch Aran. Urk. von 1184. Esp. sagr. XLVI, 279.
Empfohlene Zitierweise:
Theodor Menke, Karl Spruner von Merz u. A.: Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit . Justus Perthes, Gotha 1880, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spruner-Menke_Handatlas_1880_Text.pdf/17&oldid=- (Version vom 28.11.2016)