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In dem rauhesten Theil der Gebirge Asturiens hatte Pelagius (732–751), ein Nachkomme der alten Gothenkönige, eine kleine Herrschaft gegründet, die schon 753 mit dem Herzogthum Cantabria vereinigt wurde. Den Königen dieses Reichs, die sich seit 916 Könige von Leon nannten, gelang es allmälig, die Moslemin aus den nördlich vom Duero gelegenen Strichen zu verdrängen. Auf diesem Eroberungsgebiete waren die Grafen von Gallaecia und von Bardulia oder Castella (Castilien) ihre bedeutendsten Vasallen. Die Letzteren hatten die Tendenz, sich von ihrem Lehensnexus loszureissen, indessen bis 1028 ohne Erfolg.

Auch die Vasconen wussten ihre Unabhängigkeit, die weder den Römern noch den Westgothen dauernd unterlegen war, den Arabern gegenüber zu bewahren. Karl’s des Grossen sieggewohntes Heer unterlag ihnen in der durch die Poesie des Mittelalters viel gefeierten Schlacht im Passe von Roncesvalles. Doch gelang es den Franken, auf kurze Zeit Herren von Pampilona zu werden. Die Vasconen standen dann unter asturischer Hoheit. Das Band aber lockerte sich gegen Ende des IX. Jahrhunderts, und im Jahre 905 nahm Sancius I. von Pampilona (–925) den Königstitel an. Von dieser Stadt wurde bis in’s XI. Jahrhundert das kleine Reich genannt; doch kömmt der Name Navarra schon im IX. Jahrhundert beim Einhard vor.

Sehr dunkel ist die älteste Geschichte der christlichen Herrschaften am Aragon und am oberen Laufe der Cinca und des Gallego. Sie schüttelten etwa 760 das Joch der Muselmänner ab. Aragon und Ribacurcia (Ribagorza) fielen an König Sancius I. von Pampiluna und blieben mit diesem Staate bis auf König Sancius den Grossen (1000 bis 1035), der um 1015 auch Superarbium (Sobrarbe) und durch seine Heirat mit Muña Elvira, Tochter und Erbin des Grafen Sancho von Castilien, 1028 auch diese Grafschaft erwarb, vereinigt. Sein Gebiet reichte nunmehr vom Duero und der Pisuerga an den Pyrenäen hin bis zu den Quellen der Cinca.

Die Ländertheilungen der wichtigsten Nachkommen Sancho’s des Grossen sind auf der Nebenkarte bemerkt.

Was endlich die Länder des heutigen Cataloniens betrifft, so waren sie gleich beim ersten Einfalle der Araber unter ihre Herrschaft gerathen; selbst das südliche Gallien, so weit hier die Provinz Septimania der Westgothen reichte, wurde von El-Samah 720 und von Anbesa 725 erobert. In Gallien vermochten sich aber die Moslemin nicht lange zu behaupten. Die Siege Karl Martell’s bei Tours und an der Birra schwächten ihre Macht, und die Eroberung Narbona’s unter Pipin 759 vertrieb sie völlig von dem Boden diesseit der Pyrenäen. Das Thor Spaniens war nun geöffnet, und Karl der Grosse zog 778 durch dasselbe, von unzufriedenen moslemischen Statthaltern selbst herbeigerufen, in die iberische Halbinsel ein und gründete hier die spanische Mark. Diese Mark zerfiel in Grafschaften, deren vorzüglichste Barcelona, Urgel, Ceritania, Ampurdan, Bisuldunum, Ausona und Gerunda waren. Auch Pampilona, Aragon, Ribacurcia, Superarbium und Pallars gehörten anfänglich wohl zur Mark, scheinen sich aber schon unter Karl’s des Grossen nächstem Nachfolger von der fränkischen Oberhoheit losgerissen zu haben.

Die Grafschaften des östlichen Theils der karolingischen Mark sind nach den Angaben der Urkunden dieser Zeit begrenzt, deren geographische Angaben freilich noch in vielen Stücken der Aufklärung bedürfen.


Iberische Halbinsel: No. III. Iberische Halbinsel zur Zeit der Herrschaft der Almoraviden und der Almohaden 1086 (1094) bis 1257. Von K. v. Spruner.

Alle muhammedanischen Gebiete der iberischen Halbinsel unterlagen dem aus Africa herübergekommenen Geschlechte der Almoraviden oder Morabethen, welche jedoch wieder um die Mitte des XIV. Jahrhunderts nach kaum 50jähriger Herrschaft von den gleichfalls aus Africa kommenden Almuahedûn oder Almohaden verdrängt wurden.

Die Reiche Castilien, Leon und Galicien wurden 1073 unter Alfons VI. wieder vereinigt. Als Alfons VI. 1109 ohne Söhne starb, fiel Portugal erblich an seinen Schwiegersohn Heinrich von Burgund und dessen Linie, Galicien, Leon und Castilien aber an Alfons I. von Aragon, den Gemal seiner Erbtochter Urraca. Unfrieden mit der Gattin führte aber innere Kriege herbei, welche damit endeten, dass Alfons VII., Sohn Urraca’s aus ihrer ersten Ehe mit dem Grafen Raimund von Burgund, in den drei Reichen Galicien, Leon und Castilien als Herr anerkannt wurde. Er liess sich 1135 sogar zum Kaiser von Spanien krönen und hatte Nagara, Saragossa, Baetia, Almeria, Barcelona und Navarra unter seiner Oberhoheit[1].

Nach Alphons’ VII. Bestimmungen (Roderic. Tolet. 7, 7) sollten seine Söhne Sancho III. und Ferdinand II. sich in sein Reich theilen. Der Erstere sollte Biscaya und Castilien erhalten „usque ad S. Facundum (Sahagun) et Morum Reginae (Moral del Reyna) et Aggerem fumorum et Oroniam Conellas, Medinam (del Campo od. Pausada) et Arevalum (Arevalo) et totum territorium Abulense (Abila) et inde sicut dividit Calciata, quae dicitur Deguinea, et in Asturiis, sicut dividit Ripa Ove (Ribadeo). Residuum versus mare et Portugaliam (also Leon und Galicien) dedit minori filio Fernando.“ Als der Kaiser aber 1157 starb, bemächtigte sich Ferdinand auch Asturiens bis zum Flusse Deva, und mit dieser Modification blieb die alphonsische Grenzlinie zwischen Leon und Castilien bis zur Vereinigung beider Reiche 1230[2].

Bei den Fortschritten der Eroberungen im Flussgebiete des Tajo, mit welchen auch der Name Extremadura weiter nach Süden fortrückte, kam es zu erneuten Streitigkeiten, weil Leon das Recht zu diesen Eroberungen im Reiche Badajoz nicht mit Castilien theilen wollte; letzteres aber erwarb dennoch die östliche Hälfte Extremadura’s für sich und stiftete darin 1190 das Bisthum zu Plasencia. Die kirchliche Grenze stimmt hier genau mit der politischen, indem die Bisthümer Coria, Badajoz und der in Extremadura liegende Theil der Kirchenprovinz von Leon, worin Montanches, Llerena und Merida, auch die Grenzen von Leon bezeichnen, wogegen das Bisthum Plasencia mit Medellin und Truxillo zu Castilien gehörte.

Portugal rang seine, bis auf den heutigen Tag behaupteten, Grenzen gleichfalls in dieser Periode den Mauren ab.

Navarra blieb mit Aragon bis 1134 vereinigt, in welchem Jahre nach dem Tode Alfons’ I., des Batalladors,


  1. Urk. von 1152, 1154, 1155. Esp. sagr. XXVII, 869. 870. XVI, 484. 487.
  2. Mit dieser Grenze stimmt, wie Herr v. Spruner zu den früheren Auflagen bemerkt, im Allgemeinen die kirchliche Grenze zwischen den Diöcesen Palencia und Leon. Bei früheren Theilungen hatte stets die Pisorica die Grenze gebildet. Irrig ist offenbar, wenn von Spruner die wirklich entstehende Grenze bereits in die Bestimmungen Kaiser Alphons’ hindeutete, indem er Ripa Ove durch ripa Deve erklärte. Ove = Euve Urk. von 1075. Esp. sagr. XXXVIII, 311. Urk. v. 926. ib. XXXVII, 350.
Empfohlene Zitierweise:
Theodor Menke, Karl Spruner von Merz u. A.: Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit . Justus Perthes, Gotha 1880, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spruner-Menke_Handatlas_1880_Text.pdf/16&oldid=- (Version vom 28.11.2016)