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Erläuternde Vorbemerkungen
ZU
Spruner-Menke Hand-Atlas
ZUR
Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit.




Orient: No. I. Oströmisches Reich zu Justinian’s Zeit. Von Th. Menke. – Nebenkarten: 1. Karthago, Justinianea. 2. Rom. 3. Constantinopel. 4. Umgegend von Neapel. 5. Westliche Fortsetzung der Hauptkarte. Von Th. Menke.

Eine glänzende Machtstellung hatte das oströmische Reich zu Justinian’s Zeit. Die germanische Völkerwanderung hatte sich gegen Westen gewendet, und zwei der durch sie gestifteten Reiche, das ostgothische und vandalische, wurden von Belisar unterworfen. Die slavische Völkerwanderung hatte noch nicht zum Abfall der binnenländischen Landschaften der Hämushalbinsel von Byzanz geführt, und die Araber waren noch nicht durch Muhammed ein welteroberndes Volk geworden.

Die Provincialeintheilung, wie Hierocles im Anfange der Regierung sie darstellte, ist im Wesentlichen dieselbe, wie die im spätesten Alterthum. Justinian änderte sie nach Abfassung des Synecdemus des Hierocles in einigen Stücken. Auch die Eintheilung in Diöcesen bestand noch, wie wir aus Justinian’s Codex und Novellen sehen.

In Betreff der Diöcese Dacia war indessen eine Veränderung eingetreten. Im Anfange des fünften Jahrhunderts hatte der praefectus praetorio Illyrici die beiden Diöcesen Dacia und Macedonia unter sich (Not. dign. or. 3), und zwar erstere unmittelbar, während letzterer ein Vicarius vorgesetzt war (ib. 1). Die Unruhe der Zeit des Attila scheint die Diöcesaneintheilung des ihm unterworfenen Ländercomplexes vernichtet zu haben. Der Präfectus verlegte seinen Sitz von Sirmium nach Thessalonice, der Residenz seines Vicars, und der Episcopus dieser Stadt gewann in einem Theile der Diöcese Dacia, in einem anderen Theile derselben mit der Stadt Aquae ein thracischer Bischof (Meridianus, d. i. der von Mesembria) bischöfliche Rechte (Iustinian, Nov. II). Diese kirchenrechtliche Verbindung hob zwar Justinian wieder auf, indem er ein eigenes Erzbisthum in der neuen Stadt Prima Justinianea errichtete und ihm die Bischöfe der Provinzen Dacia mediterranea, Dacia ripensis, Prevalis, Dardania, Mysia superior und Pannonia unterordnete (Nov. 11. 131). Staatsrechtlich aber erstanden die Diöcesen Dacia und Macedonia gar nicht wieder, und bei Aufzählungen der Diöcesen in den Gesetzen der Justinianischen Sammlung werden sie unter dem gemeinschaftlichen Namen omne Illyricum aufgeführt (L. 5. Cod. Iustin. 7, 63 vom Jahre 529). Ebenso bezeichnen Procop (Goth. 3, 33. 3, 38. 4, 3) und Cedren (1, 651) die europäischen Diöcesen mit dem Namen Ίλλυριούζ τε καί Θρᾷκας. Im engeren Sinne scheint der Name Illyricum Thessalia, Hellas, Creta und die beiden Epirus nicht mit umfasst zu haben (Procop. Pers. 2, 4. Goth. 3, 29. aed. 4, 2), wohl aber die beiden Provinzen Macedonia (Chron. Pasch. 1, 630), die mit den genannten Provinzen die Diöcese Macedonia gebildet hatten.

Die Provinz Macedonia II reichte nach Hierocles im Südwesten bis zum orestischen Argos und umfasste Pelagonia (Heraclea Pelagoniae Acta conc. III, 51 vom Jahre 553), das aber nicht, wie Forbiger thut, mit Heraclea laccu in Macedonia I zu verwechseln ist.

Die Ortschaften in Dardania sind nach v. Hahn Reise von Belgrad nach Salonik angesetzt.

Die Diöcese Pontice umfasste auch die armenischen Provinzen (Iustinian. Edict. 8); doch wird Armenien auch neben Pontice genannt (Procop. Goth. 4, 13 Ποντικούς τε καὶ Άρμενίους). Justinian traf hier verschiedene Aenderungen in der Provincialabtheilung. Er vereinigte Helenopontus und Pontus Polemoniacus zu Einer Provinz, die den Namen Helenopontus erhielt (Nov. 28, cf. Nov. 20 praef. Nov. 31, 1) und Honorias mit der Provinz Paphlagonia (Nov. 29). Endlich aber theilte er die armenischen Provinzen unter Zuziehung eines Theils der neuen Provinz Helenopontus neu ein (Nov. 31).

Unter den pontischen Städten ist Colonia Karahissar und nicht Koiluhissar, wie Mordtmann (Ausland 1863, p. 478) annimmt. Es stand nämlich unter Einem Bischofe mit Nicopolis (S. Basilius, citiert von Wesseling zum Hierocles) und lag da, wo die Wege von Docea nach Theodosiopolis (Iohann. Curopal. p. 702) und von Sebastea nach Theodosiopolis (Michael Attaliota p. 147. 168) zusammentrafen. – Die Identität von Nicopolis und Enderes erhellt aus den Acta XLV. martyrum Acta SS. Iuli III. p. 46, wonach es 6 Millien von Lycus entfernt war. Die Angaben bei Forbiger sind nicht ganz richtig. – Euchaita ist an der Stelle von Tschorum angesetzt. Die Stadt gehörte zu Kaiser Anastasius’ Zeit – in dieser wurde nämlich das in der Révue archéol. X (1864), p. 108 ff. abgedruckte Pilgerbuch verfasst – zur Provinz Galatia, später zu Helenopontus. Sie war eine Tagereise von Amasea entfernt (Vita S. Theodori Tironis Acta SS. Iuni I. p. 595) und lag westlich von Gangra; denn der H. Macedonius flüchtete 516 von ihr dahin vor den durch die caspischen Pforten in Kleinasien einbrechenden sabirischen Hunnen (Cedren. 1, 633. Histor. misc. p. 102 Muratori).

Der Diöcese Asiana gehört die Stadt Sozopolis in Pisidia an. Sie lag bei Apollonias, dem heutigen Oloburlu (Menol. Gr. Iuni 19 bei Canisii Monum. III. 1. p. 442. Vita S. Zosimi in Acta SS. Iuni III. p. 813). Vielleicht gehört der Name ursprünglich der Acropole von Apollonias, deren Ruinen noch gegenwärtig hoch über Oloburlu liegen (Ritter XIX, 474), und ging später auf die Stadt über. Jedenfalls verschwindet die Stadt Apollonias aus der Geschichte mit dem Auftreten von Sozopolis. Auch in Thracia findet sich in christlicher Zeit eine Stadt Sozopolis, die früher Apollonia hiess, und dasselbe ist in Palästina und in Cyrenaica der Fall.

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Menke, Karl Spruner von Merz u. A.: Hand-Atlas für die Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit . Justus Perthes, Gotha 1880, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spruner-Menke_Handatlas_1880_Text.pdf/13&oldid=- (Version vom 20.11.2016)