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TAFEL 3
SCHNITZEREIEN IN ELFENBEIN, BUCHSBAUM,
PERLMUTTER, KIRSCHKERN. 9.–16. JAHRHUNDERT


a) Gebetnuß, Buchsbaum. – In den Höhlungen links die Kreuzigung, rechts die eherne Schlange, je im Halbrund frei geschnitzt und eingefügt. Die Inschriften, auf der Leiste umlaufend, lauten links: Christus passus est propter iniquitates nostras Isaie LIII capittolo, rechts: Sicut serp(e)ns exaltatus est pher Mo (=per Moysem) ita oportet exaltari. Außen links: levemus corda nostra cu(m) manib(us) ad dum (=dominum); rechts: atte(n)dite et videte si est dolor sic(ut) dolor ms(=meus).

Die Schalen sind durchbrochen, mit gotischem Fischblasenmaßwerk. Die Stifte bzw. Ringe und der Stift der Schließe fehlen.

Sehr ähnlich zwei Exemplare der Sammlung Spitzer (2137, mit dem Hl. Christophorus, hinsichtlich der Schale, und 2128, mit der Kreuzigung, hinsichtlich der einen Darstellung), Text, Bd. III: Arthur Pabst, Les sculptures en buis et en pierre de Munich, Tafel III, 5 und 12). Diese „grains de chapelet“ oder „noix de prières“, sind meist flämische Arbeiten aus dem Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts. So auch unser Exemplar.

Das Stück erscheint im Nachtrag des Inventars des Pretiosensaales von 1819, S. 515 c, LI, und ist aus der Kunstkammer 1832 dorthin abgegeben worden. Inventar der Königl. Kunst-Cammer zu Dreßden 1741, Cap. XXXVIII, 14, S. 656; Inventar 1640, Fol. 453 : Eine hölzerngedrehete kleine Kugel, als ein Uhr Gehäusse, so in der mitten von einander genommen werden kann, auswendig altväterlich als Münchs-Arbeit durchbrochen und ausgeschnitten, in einer Helffte die Creuzigung Christi, in der andern die Erhöhung der Ehernen Schlangen subtil in Holtz geschnitten. Stellet das alte und neue Testament vor.


b) Perlmuttermedaillon, durchbrochen, in silbervergoldeter Fassung, mit Öse und Ring. – St. Georg zu Pferde, den Drachen mit dem Schwert bekämpfend, dahinter die Prinzessin mit dem Lamm. – Vgl. Vöge a. a. O. 934, Tafel XXXI und 935, Tafel XXX. Das Dresdner Exemplar ist an Kraft der Bewegung beiden überlegen. Niederländisch, Anfang 16. Jahrhundert. – Abgebildet bei Seidlitz, Die Kunst in Dresden, Tafel 6 b. Inventar der Kunstkammer 1640, S. 113: 1 Perlenmutter rund durchbrochene Rose, darauf der Ritter St. Georgius zu Roß mit dem Lindwurm streiten.


c) Elfenbeinkamm. Die zwei Reihen Zinken, derbe und feine, sind durch einen durchbrochenen Steg und ebensolche seitliche Leisten verbunden. In ersterem zwei Satyr (Männer)-büsten, von Putten mit grotesken Ranken umgeben, in letzteren Voluten mit Delphinköpfen. Im Stil des Georg Penz (B. VIII, 315, 44; Nagler, Monogr. III., 1962). Mitte 16. Jahrhundert.


d) Perlmuttermedaillon, flach geschnitten, silberne Fassung mit Öse und Ring. Bildnisse von Kurfürst August, mit Umschrift: /Augustus D. G. Dux Saxoniae et Elector / und (Rückseite) Kurfürst Christian I., im Profil, gleichfalls mit Harnisch und Halskrause. Umschrift: / D. G. Christian. Dux Saxoniae. / – Dahinter die Signatur: (Georg Conrad?). Vgl. Vöge a. a. O. 944, 945, Tafel. XXXII. Dresdner Arbeit um 1590.

Inventar der Kunstkammer 1640, S. 114: 1 Rund Stück Berllmutter, wie ein Thaler darauff Churfürst Augusti und Churfürst Christiani Primi zu Sachßen bildnüsse geschmiedten.


e) Kirschkern, geschnitzt, in goldemaillierter Fassung, mit einer angehängten Perle. – Zahlreiche Köpfe, männliche und weibliche, mit verschiedenen Kopfbedeckungen, in verschiedenem nach unten wachsendem Format. – Geschenk des Herrn Christoph von Loß auf Pillnitz an Kurfürst Christian I. 1589. Geschnitten von Melchior Baier, Dresden.

Inventar der Kunstkammer 1595, S. 165: 1 Kirschkern in goldt eingefast, darauf 185 allerley angesichte hat Churfürst Christian zu Sachßen von Christof von Loß uf Pilintz vorehret ao 89. Das Stück war, mit zwei anderen, ähnlich geschnitzten Kirschkernen, die gleichfalls Geschenke des Christoph von Loß waren, eine Berühmtheit der Kunstkammer. (Anton Weck, Die … Dreßden, 1680, S. 38; Tobias Beutel, Der stets grünende … Cedernwald. 1683, S. 65.)