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aber nicht minder meisterliche Arbeit. Wie sich hier das Drama der Verwandlung auf zwei übereinandergelagerten Bühnen abspielt, wie der diagonale Zug, der den Unglücklichen auf die Mauer des verschwiegenen Bades hinaufgerissen hat, auch die Gruppe der nackten Frauen teilt, das bestätigt die Würdigung des Meisters als Schöpfers der figurenreicheren Kompositionen in München. Aus dem Flachrelief, wie es das Laubwerk, ähnlich wie bei der Orpheusplatte dort, zeigt, geht der geborene Plastiker mühelos in die dreidimensionale Rundung über, wie er sie zur Darstellung der blühenden Schönheit seiner beleidigten Göttin braucht. Wie geistreich ist in dem Kopfe des kühnen Spähers schon der Übergang in das Tierische des Hirschkopfes angedeutet. So geht man kaum zu weit, wenn man das Dresdner Relief als eine Studie zu den größeren Kompositionen des Münchner Schreins bezeichnet, die nicht nur die Keime der Vollkommenheit jener enthält, sondern in der Klarheit der Linienführung die mehr zierhafte Schichtenverschiebung dort ästhetisch in den Schatten stellt.

Der volle Name des Künstlers mit dem Zusatz „B. H (Bildhauer) von München“ steht auf dem schönen Relief der Hl. Familie im Bayer. Nationalmuseum. Dem hier genannten Jahre 1632 gehört auch das zierliche Skelett an, mit dem der Meister in der Dresdner Kunstkammer vertreten ist (II. 116). Der Knochenmann mit dem Spaten, auf dem der Künstlername zu lesen ist, steht neben einem mit ornamentalen Reliefs gezierten Postament, an dem eine Eidechse davon huscht. Eine Schlange züngelt am Boden, zwei andere verschlingen sich an der Front des Pfeilers. Der Tod aber, in würdiger Haltung auf das Werkzeug gestützt, das sonst nur seine Diener führen, hält in der Rechten ein aufgerolltes Pergament. Sollten hier die Leistungen des Menschen verzeichnet sein, dem der Mahner entgegentritt? Bleibt das scheue Getier von dem Allvernichter verschont, der hier so feierlich dem greisen Meister erscheint? Unter den Darstellungen des beinernen Todes, die der Zeit so vertraut waren wie die des blühenden Lebens, ist die von der Hand Angermairs, die von Alters her in einem zierlichen Schrein aus Ebenholz und Glas aufbewahrt wird, eine der eigenartigsten und virtuosesten.

Von den Bildhauern, die das große Buch der Mythologie mit immer neuem Eifer auf der Jagd nach dem bewegten Spiel der nackten Körper durchforschten, haben, wie schon erwähnt, die aus Süddeutschland die Kunstkammern der Spätrenaissance am erfolgreichsten erobert. Meergötter, Tritonen, Hippokampen, Najaden und Nymphen bevölkern das Wasser, Kentauren, ewig nach den Töchtern