Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 3.pdf/29

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Urheber gedacht werden kann. Davon verdient als erster unsere Beachtung der Anhänger, der als Sirene mit einem Handspiegel dargestellt ist, Tafel 2, 2. Die dazu verwendeten Steine sind nicht etwa zu einem geometrischen Muster zusammengestellt, wovon die Entwicklung bei solchen Schmuckstücken ausging, sondern sie dienen zur Belebung der Form, wie zuvor bei den Buchstaben, hier des Fischschwanzes des Meerweibchens, der Melusine. Auch ist mit dem gewählten Motiv noch nicht, wie zumeist erst nach der Wende des Jahrhunderts, eine lehrhafte und allegorische Absicht verknüpft. Hier hat offenbar die Form einer monströs verkrüppelten Perle die Erfindung der mythologischen Gestalt befruchtet, für welche Gattung unter dem Einfluß der humanistischen Bildung eine zunehmende Vorliebe erwacht war. Auch bei diesem entzückenden Schmuckstück werden wir an Nürnberger Kunstübung erinnert. Dort scheint zuerst die Absicht, unregelmäßig gebildete Perlen und Perlmuschelschalen, die das Auge zwar nicht durch ihre Form, doch durch ihren Farbenreiz noch zu erfreuen vermögen, noch ebenso wie die regelmäßig gewachsenen Stücke künstlerisch zu verwerten, ihre Verwendung veranlaßt zu haben. Ein Nürnberger Meister von anerkannter Geltung ist es, Elias Lencker, der dort 1562 Meister wurde, von dem der Kalvarienberg mit seinem 1577 datierten Kruzifixus im Grünen Gewölbe III, 187 herrührt. Der Berg ist aus einer ganzen Menge solcher Perlen aufgebaut und nach Nürnberger, von den Brüdern Jamnitzer aufs kunstvollste entwickelter Art mit Naturabgüssen nach kleinen Pflanzen und Tieren belebt. Es gehörte schon einige künstlerische Phantasie dazu, aus einer solchen verkrüppelten Perle ihre Eignung zur Darstellung eines Frauenleibes, der in einen Fischschwanz übergeht, zu entdecken. Es gelingt auch nicht jedem Goldschmied, solche Stücke so in die Figur des Kleinods einzufügen, daß diese als organische Einheit erscheint. Weniger gut gelungene Arbeiten dieser Art im Wiener kunsthistorischen Museum aus der Zeit Kaiser Rudolfs II. erreichen nicht den hohen Rang unseres Stückes. Mit der Kunstfertigkeit des Juweliers wetteifert hierauf auch noch die Rückseite des Figürchens, die wie bei jenen ersten Anhängern in köstlichen Formen mit Email verziert ist. An dieser, die mit der Vorderseite eng verbunden ist, konnten sich diebische Wächter der Schätze nicht vergreifen und so ist uns diese glücklich erhalten geblieben.

Bei dem anderen, diesem Schmuckstück in der Erfindung der Verwendung einer verkrüppelten Perle und auch sonst stilistisch nahestehenden Kleinod,