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Man beachte, wie der Hirsch schon kraftlos den Vorderlauf von sich streckt, es bleibt ihm aber immer noch soviel Kraft, um mit Kopf und Geweih den goldenen Eipokal zu tragen, wozu noch ein Baumstämmchen als Stütze gekommen ist, wie das auch bei dem Dianabad der Fall ist. So ist also hier die Stütze des Eipokals durch den ganzen Hirsch stabiler, wobei man aber immer noch den Eindruck des Balanzierens nicht ganz los wird. Dagegen sind an dem Dianabad die Stützen der Chalzedonschale nur auf wenige Berührungspunkte mit dem Geweih und dem Stämmchen beschränkt, dies hat indessen der Schale auch geschadet, denn sie hatte sich vor unserer Aufnahme infolge der Reinigungen schon etwas nach vorn gesenkt, was heute wieder ausgebessert ist. Aber doch ist das scheinbare Schweben der Chalzedonschale die glänzendere Leistung und eine Schöpfung von einmaliger Vollkommenheit, dagegen wirkt das Tragmotiv des Eipokals als die unvollkommenere Vorstufe zu jener Erfindung, und darum kann man wohl für ihren Ursprung an Dinglinger denken. Auch die bügelartigen Ansätze aus sich spaltendem Schweifwerk am Deckel sowohl, wie am Gefäß selbst, passen in die stilistische Entwicklung Dinglingers. Das Motiv der Büsten, die an dem Gefäß auf diesem konsoleartigen Schweifwerk aufsitzen, sehen wir etwa ein Jahrzehnt später an dem Kabinettstück auf Tafel 56 weiter entwickelt und dann auch lebensvoller durchgebildet an den beiden Maskenbüsten des Schweifwerks über dem Rahmen des Bacchustriumphs. Ich wage nicht zu entscheiden, daß man diese Zusammenhänge bloß als zufällige Berührungen ansehen darf.

An den bisher besprochenen Werken Dinglingers haben wir Gemmen und Kameen, vertieft und erhaben geschnittene Steine zumeist aus Onyx und den damit verwandten Achatarten, noch nicht angetroffen. Das ändert sich ganz auffällig bei den aus dem letzten Jahrzehnt seiner Schaffenstätigkeit stammenden Kabinettstücken. Er bevorzugt geradezu diese zumeist mit Bildnissen und auch mit figürlichen Szenen geschnittenen härteren Steine. Solche Kameen sahen wir schon in kleineren Exemplaren an den Arbeiten des 1718 zum Hofjubilirer ernannten Johann Heinrich Köhler vielfach angewendet. An Dinglingers Kabinettstücken sehen wir jetzt viele meist größere einfarbige Kameen angebracht und außerdem sehr viele vertieft geschnittene Steine, während wir solche Gemmen bei Köhlers Werken überhaupt nicht antrafen. Diese Gemmen und Kameen treten jetzt bei Dinglinger auch gelegentlich an die Stelle der früher verwendeten Emailmedaillons, doch kann dafür nicht in