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machen schon durch diese durchscheinende Steinart den Eindruck schwebender Leichtigkeit. Nur die tiefere Schale des größten dieser Ziergefäße mit den Arbeiten des Herkules auf Tafel 51 besteht aus hellbraunem ägyptischen Jaspis und erhält dadurch und durch den Schaft einen anderen, schwereren Charakter. Die anderen Schalen der Tafeln 49 und 50 haben auch auf dem Sockel eine Deckplatte aus der gleichen Steinart wie die Schale. Darauf erhebt sich der aus Gold, Email und Juwelen gebildete Schaft. Dieser Schaft hat nun weder den pflanzenartig organischen Wuchs gotischer Pokale, noch die architektonische Gliederung von aufeinander geschichteten Kandelabermotiven der Renaissancepokale, welche beide Arten die Funktion der tragenden Stütze klar zum Ausdruck bringen. Ganz anders ist die Schaftbildung bei Dinglinger. Man soll es gar nicht bemerken, daß und wie die Schale von dem Schaft getragen wird, diese soll über dem auf und nieder wogenden Leben des Schaftes schwebend erscheinen. Er ist von fortwährender Bewegung erfüllt, dazwischen erscheint nur hier und da ein Motiv als ruhender Pol in der Erscheinungen Flucht. Wie das Wesen der Barockkunst in der Bewegung zum Ausdruck kommt, so sind auch diese Ziergefäße ganz von barockem Geist erfüllt und es läßt sich der Maßstab der in den vorangegangenen Kunstperioden entwickelten Stilprinzipien nicht auf diese Ziergefäße anwenden. Man kann nicht einmal bemerken, daß in diesen hin und her und durcheinander wogenden Motiven der Schaftbildung eine durchgehende oder vorwiegende Bewegung nach oben zum Ausdruck kommt, sie hat ihr Leben ganz für sich, so, als ob die darüber schwebende Schale gar nicht vorhanden wäre. Nur an den Schäften der beiden anscheinend am Ende dieser Entwicklung entstandenen gleichartigen Schalen mit je einem Pferd über dem Rücken des Randes, von denen die Schale mit dem schreitenden Pferd dem Grünen Gewölbe erhalten blieb, während die mit dem springenden Pferd an den Verein Haus Wettin A. L. E. V. 1924 abgegeben wurde, die auf Tafel 49 in der Mitte abgebildet ist, – nur an diesem Schaft läßt sich auf und ab wogende Bewegung beobachten, in Wirbelranken, die sich zur Mitte schweifwerkartig erweitern und hier, wo sie zusammentreffen, eine auf einem Kissen ruhende Königskrone tragen und umfassen. So hat in großen Zügen der doch noch symmetrische Schaft die Gestalt einer S-förmigen Windung erhalten, die den Eindruck macht, als ob sie nicht dazu geschaffen wäre, eine Belastung zu ertragen. Daß dergleichen aber doch dem Formgefühl der Zeit entsprach, das wolle man daraus ersehen, daß eine fast kugelförmige, gemuschelt