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Eigenschaft haben, daß sie als Zierschalen erscheinen sollen, auch da noch, wo bei einzelnen Stücken dieser Zweck von der Komposition verhüllt wird. Um es gleich vorweg zu nehmen, diese letzteren sind die beiden aus Rhinozeroshorn geschnitzten Stücke, die im 4. Band abgebildet und gewürdigt werden, das Schiff mit Neptun und Venus (VI, 132) und die Herme der Mohrin als Karyatide Trägerin einer Muschel (VI, 119), sowie das auf Tafel 49 links abgebildete Stück, die einem arabischen Märchen entnommene Gestalt des Vogels Rockh, abgebildet auf Tafel 49 links. Auf dem Rücken dieses Vogels sitzt eine kleine, auf Gold emaillierte weibliche Gestalt, die einen Schild mit der Königskrone und dem Monogramm Augusts des Starken hält. Das Fräulein auf dem Rücken des Vogels ist von entzückender Anmut der Erscheinung und Haltung. Wenn man in der Größe dieses Figürchens kein rechtes Verhältnis zu dem Vogel erblicken kann, dann wolle man sich erinnern, daß der Vogel Rockh ein Geschöpf von ungeheurer Größe und Stärke war. Das dargestellte Motiv des auf zwei Schlangen stehenden Tieres enthält also eine Anspielung auf August den Starken. Während die anderen Schalen aus Chalzedon oder Jaspis zumeist glatt geschliffen sind und beliebig hergestellt und verwendet werden konnten, ist die gelbbraune, fast eiförmige Sardonyxschale mit ihrem Zubehör schon auf die Erscheinung eines Vogels berechnet. An der Schale selbst kommt dies nur erst ganz im allgemeinen zum Ausdruck, der Deckel aber ist schon mit Schuppen in Relief geschnitten, dazu kommt dann noch der aus demselben Steinmaterial geschnittene langhalsige Vogelkopf und zwei ebenso hergestellte Flügel. Es macht schon den Eindruck, als habe sich der Steinschneider hierin den Reiher aus Bergkristall des Grünen Gewölbes auf Tafel 20 zum Beispiel genommen und zugleich das, was ihm dort unvollkommen erschien, hier zu verbessern gesucht. Dort ist die Schale, die den Vogelkörper bildet, ganz glatt gelassen, das wirkt bei der schmalen Goldfassung leer. Hier wird der Körper teils durch die Flügel, teils durch die emaillierten Federn der Beine verdeckt. Diese Beine aber sind hier ganz naturalistisch aus Gold gebildet und emailliert, während dort der Körper von einem konventionell gebildeten Schalensockel getragen wird. Auf der Brust des Vogels Rockh ist in flachem Relief ein Teufelskörper geschnitten, doch ohne den Kopf, ähnlich also der Teufelskanne aus Bergkristall auf Tafel 18. Und wie dort ist auch hier der Kopf aus Gold aufgesetzt, eine prächtig ziselierte Arbeit und eine bevorzugte Spezialität Melchior Dinglingers. Dieses Relief eines Teufelskörpers