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Vorstellung, die die Phantasie des ehrgeizigen, verschwenderischen und abenteuerlich veranlagten Fürsten aufs lebhafteste erregen mußte. Der Reisende Tavernier hatte nicht nur die Feste miterlebt, sondern auch die Schatzkammer des Großmoguls sehen dürfen und davon als Juwelier und Edelsteinkenner sachkundige Beschreibung gegeben. Der Großmogul selbst aber war für August den Starken das Ideal des zur höchsten irdischen Macht gelangten Fürsten, der sich siegreich alle Nachbarstaaten unterworfen, sein Land vom 10. bis zum 35. Breitengrad der Erde vergrößert und darin eine Bevölkerung von 64 Millionen seiner Herrschaft untertan gemacht hatte. Das war ein Herrscher, der mit seinen Erfolgen den innersten Wünschen und Hoffnungen Augusts des Starken als Vorbild vor Augen stand, selbst wenn man es nicht für möglich hält, daß er an eine Prophezeiung geglaubt hätte, die damals schon als Fälschung beanstandet wurde, die den Wettinern die Herrschaft über den ganzen Osten Europas in nahe Aussicht stellte. Alle seine damaligen und späteren Regierungshandlungen weisen darauf hin, daß er unausgesetzt die Machterweiterung seiner Dynastie sich zum Ziel gesetzt hatte. Es ist eine grandiose Ironie des Schicksals, daß der Hofhalt des Großmoguls, das Abbild seines erträumten Ideals, gerade in den Jahren entstanden ist, in denen er nach Erlangung der polnischen Königskrone und nach seinem Bündnis mit dem russischen Zar Peter dem Großen in dem Krieg gegen seinen Vetter, den König Karl XII. von Schweden, die größten Niederlagen und Demütigungen, den Verlust der Krone Polens und die feindliche Besetzung und Ausbeutung seines eigenen Landes erleben mußte.

Der Plan zu dem Hofhalt des Großmoguls entstammt also ohne jeden Zweifel dem Kopf Augusts des Starken. Eine etwa nur gemalte Darstellung dieses Hofhalts hätte seinen Anforderungen keineswegs genügt, die Vorstellung von seinem ungeheuren Reichtum und von seiner Macht wollte er greifbar vor Augen haben. Gemalte Darstellungen der Hofhaltung zu Delhi, in Wasserfarben mit orientalischer Farbenpracht von Orientalen selbst ausgeführt, besaß er übrigens schon, sie werden noch heute im staatlichen Kupferstichkabinett in Dresden aufbewahrt. Diese oder andere gleichartige Blätter sind sicher auch von Dinglinger als Vorlagen für die farbige Emaillierung der orientalischen Trachten benutzt worden, denn die einfarbigen Kupferstiche in jenen Reisebeschreibungen gaben dafür keine geeigneten Unterlagen, wenn sie auch manchen Anhalt bieten mochten. So machen auch die in den drei Höfen auftretenden